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Ein paar Monate schlummerte der gemeinsame Entwurf von Bundesjustiz- und Bundesfinanzministerium in der Schublade, wurde in der Wirtschaft schon in allen Facetten ´rauf und `runterdiskutiert – immer mit dem Hinweis, dass ja alles noch im Entwurfstadium sei und sich noch einiges ändern könnte.

Gesetz ev. vor Jahresende in Kraft

Nun hat das Kabinett den vorliegenden Referentenentwurf zum Regierungsentwurf gemacht und damit steht dem Gesetz nun in der Sache nichts mehr im Wege. Es wird damit gerechnet, dass der Bundesrat zeitnah nach der Sommerpause, eventuell schon in der ersten Sitzung am 29. September eine Stellungnahme zum Entwurf beschließen wird. Der Bundestag könnte dann gleich im Anschluss über den Gesetzentwurf beraten, das ZuFinG könnte im Idealfall noch vor dem Jahreswechsel in Kraft treten.

„Impuls“ in der Rezession

„Das Zukunftsfinanzierungsgesetz wird die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes stärken. Wir geben Zukunftsbranchen einen zusätzlichen Anschub“, kommentierte Bundesfinanzminister Christian Lindner denn auch gleich schon am Donnerstag die Entscheidung des Kabinetts. Bundesjustizminister Marco Buschmann ist überzeugt: ,,Die neuen Regelungen entsprechen den Bedürfnissen der Wirtschaft nach einem unbürokratischeren, digitaleren und moderneren Rechtsrahmen – und machen so mehr Wachstum möglich: Hiervon werden gerade Start-ups, Wachstumsunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen profitieren.“

Manche Kritiker monierten im Vorfeld das ,,auf die lange Bank schieben“ des Gesetzes, andere sehen das ZuFinG als durchaus noch ,,rechtzeitigen Impuls“ in der Rezession, um gestärkt in die Zukunft zu blicken. „Das Zukunftsfinanzierungsgesetz leistet einen wichtigen Beitrag, um die Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes zu verbessern, so dass für staatliche und private Zukunftsinvestitionen Geld von institutionellen und privaten Anlegern eingeworben werden kann“, erklärte Dr. Christine Bortenlänger, Geschäftsführende Vorständin des Deutschen Aktieninstituts. Und betonte zugleich, dass das ZuFinG „nur ein erster Schritt ist, um den Kapitalmarkt in Deutschland zu stärken“.

Spielräume des EU Listing Act nutzen

Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) werden im Zusammenspiel mit dem im Listing Act der EU angestrebten Erleichterungen nationale Spielräume genutzt, um die Hürden für den Kapitalmarktzugang zu senken und Unternehmen den Gang an die Börse zu erleichtern.

Wichtige Eckpunkte

Zu den Maßnahmen im Einzelnen hat GoingPublic viel berichtet und wir bleiben natürlich weiter dran. Das BMJ hat die wichtigsten Einzelpunkte hier zusammengefasst; exemplarisch erwähnt werden sollen im Folgenden einige Eckpunkte:

  • Bei Börsengängen können die Börsen künftig in Teilen des regulierten Marktes einen Verzicht auf den bislang notwendigen Mitantragsteller erlauben, wodurch die Kosten bei Börsengängen reduziert werden können.
  • Die Mindestmarktkapitalisierung für Börsengänge wird von 1,25 Mio. EUR auf 1 Mio EUR gesenkt, um auch kleineren Unternehmen den Weg zum Kapitalmarkt zu eröffnen.
  • Die Ausgabe von Mehrstimmrechtsaktien, mit einem Stimmrecht von bis zu 10:1, wird ermöglicht. Dies schafft neue Anreize für Börsengänge, indem sich Gründerinnen und Gründer den Einfluss auf das Unternehmen trotz Kapitalaufnahme bewahren und so ihre Expertise weiterhin umfassend in das Unternehmen einbringen können. Gleichzeitig wird der Schutz der Investoren ohne Mehrstimmrechte gesichert.
  • Mit der Börsenmantelaktiengesellschaft (BMAG) wird nach Vorbild der Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) in den USA ein Instrument zur Verfügung gestellt, das Start-ups und Wachstumsunternehmen einen alternativen Weg an den Kapitalmarkt eröffnet. Die Mantel-Gesellschaft dient als Vehikel, damit junge Unternehmen das aufwendige und teure Prozedere des Börsengangs nicht selbst stemmen müssen

Rahmen für KMU und Start-ups

Neben diesen direkten Kapitalmarktmaßnahmen sollen die Rahmenbedingungen für Start-ups, Wachstumsunternehmen und KMU verbessert werden; vorgesehen ist hier u.a.:

  • den Steuerfreibetrag bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung von bislang 1.440 Euro pro Jahr auf 5.000 Euro zu erhöhen (§ 3 Nr. 39 EStG) und damit auf ein im europäischen Vergleich wettbewerbsfähiges Niveau zu heben
  • den Freibetrag auch durch Umwandlung von Arbeitsentgelt in Höhe von bis zu 2.000 Euro im Jahr auszuschöpfen
  • die sog. Dry-Income-Problematik zu entschärfen. Dazu wird der Anwendungsbereich der Vorschrift zur aufgeschobenen Besteuerung nach § 19a EStG umfassend ausgebaut, um zu verhindern, dass Mitarbeiter Steuern auf noch nicht realisierte Anteile zahlen müssen. Diese Steuerzahlung soll nun erst nach 20 Jahren statt wie bisher nach maximal zwölf Jahren fällig werden.

Das ZuFinG sieht weitere rechtliche Erleichterungen vor, vereinfacht die Möglichkeiten für prospektfreie Kapitalmaßnahmen und solche mit Bezugsrecht, ermöglich die zur Ausgabe von Kryptowertpapieren und regelt die Schwarmfinanzierung (Crowdfunding).

Eine Menge Stoff, den es in Unternehmen zu bewältigen gilt. Unser Netzwerkpartner Heuking Kühn Lüer Wojtek bietet die Möglichkeit, tiefer einzutauchen in einer Vortragsveranstaltungsreihe: Für Termine in Köln (23. August), Hamburg (14. September) und Berlin (19. September) gibt es noch Plätze. Die Möglichkeit zur Anmeldung und nähere Informationen finden GoingPublic-Leserinnen und Leser hier.

Autor/Autorin

Simone Boehringer

Simone Boehringer ist die Redaktionsleiterin "Kapitalmarktmedien" der GoingPublic Media AG.