Die Negativ-Auszeichnung wird dabei nicht an die Emittenten, sondern jeweils dem verantwortlichen Konsortialführer verliehen. Die IPO-Zitrone 2004 erhält Morgan Stanley für das IPO von Epigenomics.
  Kommunikation und Plazierung
  Das Berliner Biotech-Unternehmen Epigenomics ging am  19.7.2004 an die Börse. Konsortialführer der Transaktion war Morgan Stanley,  die Plazierung verlief nur mäßig. So mußte die Bookbuilding-Spanne von 11,90  bis 14 Euro auf 9 bis 11 Euro abgesenkt werden. Der Emissionspreis wurde mit 9  Euro schließlich am unteren Ende der Preisspanne festgesetzt.
Doch Emittent und Konsortialführer sind bereits vor dem Börsengang durch eine ungewöhnliche „Kommunikation“ aufgefallen. So hat Epigenomics noch kurz vor Beginn der Zeichnungsfrist einen direkt bevorstehenden Börsengang gegenüber dem GoingPublic Magazin und dem Handelsblatt ausdrücklich verneint. Das geplante IPO wurde dann quasi mit der Einladung zur Emissions-Pressekonferenz bekanntgegeben – immerhin einen Arbeitstag zuvor! Schon der Wortlaut ließ den Schluß zu, daß die „Kommunikation“ aus dem angelsächsischen Raum gesteuert wurde. Zitat: „Sehen Sie bitte die angebrachte Einladung, die im Namen herausgegeben wird Epigenomics.“
  Morgan Stanley verleiht Flügel
  Direkt nach dem Börsengang fiel der Kurs von Epigenomics  zunächst recht deutlich. Am 23.8.2004 war die Aktie schließlich bei 6 Euro  angekommen, obwohl das Unternehmen kurz zuvor das Erreichen eines  Schlüsselmeilensteins bei der Entwicklung eines Früherkennungstests für  Brustkrebs bekanntgegeben hatte. Doch der Analyst Daniel Mahony verlieh der  Epigenomics-Aktie kurz nach Ende der Black-out-Period Flügel: Seine Studie vom  24.8. sah ein Kursziel von sage und schreibe 18 Euro vor. Bezogen auf den  Vortagesschlußkurs von 6 Euro ergab sich daraus ein Potential von exakt 200 %.  Mahony, wer hätte das gedacht, arbeitet für Morgan Stanley… Doch seine  Analyse schien die Venture Capital-Investoren nicht zu überzeugen, die  unmittelbar nach dem Ende der sechsmonatigen Lock-up-Frist vereinbart haben,  daß alle Aktienverkäufe „in einem gemeinschaftlich durchgeführten und  koordinierten Prozeß abgewickelt werden“. Mit der Durchführung der Transaktion  ist wer beauftragt worden? Richtig: Morgan Stanley. 
  Research und Investmentbanking
  Morgan Stanley ist neben Goldman Sachs maßgeblich für Research Guidelines  verantwortlich, die bei Börsengängen Privatanleger einseitig benachteiligen.  Nahezu alle deutschen Banken rücken inzwischen von diesen ab – zumindest  mündlich. Diese Richtlinien widersprechen auch dem Sinn der Going  Public-Grundsätze der Deutschen Börse, deren ausdrückliches Ziel eine  Gleichbehandlung aller Anlegergruppen ist. Damit wird das Vertrauen in den  gerade wieder anspringenden IPO-Markt nachhaltig geschwächt. Um so mehr sorgte  die Kaufempfehlung für Epigenomics direkt nach der Black-out-Period für  Kopfschütteln, aber die Umplazierung der Altaktionäre läßt sich wohl einfacher  gestalten, wenn solche Kursziele kursieren…
 
             
		