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Auf Basis der „Shareholder Rights Directive“ sollen Investoren auf einfachem elektronischem Wege die Stimmrechte aus ­ihrem Aktienbesitz grenzübergreifend wahrnehmen können sowie Emittenten auf dieser Basis Kenntnis darüber erlangen, welcher Investor wie viele Aktien hält. Und ausgerechnet ein System aus den 1970er-Jahren, das Interbankensystem SWIFT, bietet alle Voraussetzungen für die Durchführung der Direktive.

Worum geht es? Emittenten möchten, dass möglichst viele Stimmen ihrer Investoren auf der Hauptversammlung vertreten sind, ­damit diese entsprechende Weisungen ­geben können.

Die Investoren wollen möglichst umfangreiche Informationen über die Hauptversammlung erlangen. Der Informationsfluss dazu endete in der Vergangenheit meist an den nationalen Grenzen; inter­natio­­nale Investoren konnten daher ihre Stimmrechte oft nicht ausüben. Zudem war die Ausübung der Stimmrechte insgesamt sehr umständlich und aufwendig. Wenn sie ausgeübt wurden, verlangten die Inves­toren einen Nachweis darüber, also mussten die Stimmen auf den Hauptversammlungen dokumentiert und gezählt werden.

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Die Banken wiederum benötigen eine Infrastruktur, um die Informationen zu den Hauptversammlungen auf elektronischem Wege zu erhalten und verarbeiten zu können. Zudem brauchen sie eine Möglichkeit für die elektronische Anmeldung der Investoren und die Übermittlungen ihrer Weisungen und Vollmachten an die Emittenten.

Infrastruktur bereits gegeben

Auf Basis des SWIFT-Netzes und der unterschiedlichen Anforderungen aller Beteiligten wurde die dafür benötigte technische Infrastruktur bereits geschaffen, bisher ­jedoch nicht in Gänze ausgenutzt. Über SWIFT können Emittenten nämlich weltweite Abfragen ihrer Investoren (Aktionärs­identifikationen) vornehmen und die angefragten Intermediäre können die Daten (Anzahl Aktien, Name, Adresse etc.) der ­Investoren übermitteln.

SWIFT:Die Society for Worldwide Interbank ­Financial Telecommunication (SWIFT) ist eine 1973 gegründete, in Belgien ­ansässige Organisation, die ein besonders sicheres Telekommunikationsnetz (das SWIFTNet) betreibt, welches insbesondere von mehr als 11.000 Banken weltweit genutzt wird. Darüber hinaus definiert SWIFT Nachrichtenstandards und bietet Software wie auch Services im Bereich der Finanztransaktionen an. SWIFT ist eine Genossenschaft im Besitz der Banken und dem EU-Recht unterworfen. Innerhalb des Netzwerks werden die teilnehmenden Institute durch den Business Identifier Code (BIC) identifiziert. Er wird in der Finanzindustrie auch als SWIFT-Code bezeichnet. SWIFT standardisiert den Nachrichtenverkehr der Finanzinstitute untereinander. SWIFT transportiert nur Nachrichten, führt aber keine Konten für die Partner und gleicht – im Gegensatz etwa zu TARGET2 oder der EBA CLEARING – keine Zahlungen aus. Es sind Hunderte von Nachrichtentypen (eng. „message ­types“; MTs) für den Datenaustausch definiert. Diese werden sukzessive durch Nachrichtentypen im XML-Format (MX-Nachrichten) abgelöst. Quelle: Captrace

Emittenten können sämtliche Informationen (das Wann, Wo etc.) zur kommenden Hauptversammlung über die Inter­mediäre an ihre Investoren kommunizieren. Interme­diäre können die Investoren zur Hauptversammlung beim Emittenten anmelden und die Vollmachten und Weisungen übermitteln. Emittenten können den Investoren einen elektronischen Nachweis senden, wie die Stimmabgabe auf der Hauptversammlung ausgeübt bzw. abgestimmt wurde.

Schneller, weiter, digital

Somit bietet SWIFT ein weltumspannendes digitales Netzwerk, das die Kommunikation zwischen Emittenten, Intermediären und Investoren erheblich erleichtert und beschleunigt.

Informationen, Weisungen und mehr können innerhalb von Minuten weltweit übermittelt werden. Zukünftig können auch weitere Nachrichten über diesen Kanal versendet werden. SWIFT wird damit zu ­einer wichtigen weltweiten Kommunikationsplattform!

Ermöglicht wird diese Nutzung durch die Shareholder Rights Directive II (SRD II), die nun explizit erlaubt und sogar dezidiert fordert, über die Besitzverhältnisse von börsennotierten Unternehmen Transparenz zu erlangen. Dienstleister wie ­Captrace, die analog zu den meisten Banken einen SWIFT-Zugang erlangt haben, sammeln nun die Informationen der Banken über die Investoren und bereiten sie für die Emittenten bei Bedarf auf (Shareholder-ID). Im Gegenzug erhält der Emittent die Möglichkeit, Meldungen zur Hauptversammlung oder zukünftig weitere Nachrichten – noch ist nicht sicher, welche Art von Informationen künftig über SWIFT ­versendet werden darf – an die Investorenschaft über diesen sicheren Kanal zu ­schicken.

Erleichterung für alle Beteiligten

Auf diese Weise kann die Korrespondenz zwischen Emittenten und Investoren weltweit in eine Struktur überführt werden, die für alle Parteien eine Erleichterung darstellt, und Pflichtnachrichten müssen dann nicht mehr über die Banken als Interme­diär sowie über die landesüblichen Pflichtblätter versandt werden.

Captrace bietet über sein System C-Trace die Dienstleistung „Meldung zur Hauptversammlung“ sowie die „Erstellung der Shareholder-ID“ via SWIFT in Österreich bereits seit Inkrafttreten der SRD II im September 2020 an. Es wird erwartet, dass die Meldungen zur HV via SWIFT auch in Deutschland in Kürze möglich sind.

www.captrace.de

Autor/Autorin

Götz Dickert

Götz Dickert ist Gründergeschäftsführer der CAPTRACE GmbH, die sich auf Services im Bereich der Aktienregistrierung und Aktionärsanalyse spezialisiert hat. Der Informatiker verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich Abwicklungs- und Aktienregistersysteme, an deren Konzeption er u.a. bei Deutsche Börse Systems mitgewirkt hat.