IPOs nicht überbewerten

Ob SuppreMol, 4SC und Stratec, ob Morphosys und Corimmun, die Geschichten und Zahlen dieser Unternehmen stehen beispielhaft für die Entwicklung einer Branche, die in Deutschland noch immer ihren Weg finden und gehen muss, Erfolge feiert und mit Rückschlägen zu kämpfen hat. Schnell können Erfolgsmeldungen in einem andern Kontext relativiert werden. So ist zwar die Finanzierungssumme der deutschen Biotech-Firmen im vergangenen Jahr erstmals seit 2006 wieder leicht gestiegen, um 3% auf 336 Mio. EUR. Doch genauer betrachtet resultiert dieser Anstieg lediglich aus den Börsengängen der Unternehmen Probiodrug und Affimed. Ohne die beiden IPOs, die zudem nicht an deutschen Handelsplätzen getätigt wurden, hätte die Branche auch in 2014 wieder mit einem Rückgang in der Finanzierung zu kämpfen gehabt. Denn die reinen Risikokapitalinvestitionen fielen um 5,4% auf 155 Mio. EUR. Da sieht es bei den europäischen Nachbarn fast schon traditionell besser aus: In Großbritannien sammelten Biotech-Firmen 447 Mio. EUR ein, was einer Steigerung von satten 155% innerhalb von zwei Jahren entspricht. Erfreulich auch die Entwicklung in der Schweiz: Dort erhöhten Risikokapitalgeber ihre Investitionen in den beiden letzten Jahren um jeweils 43%, das Volumen verdoppelte sich damit auf 308 Mio. EUR.

Börsenpläne nur im Ausland

Nach Einschätzung von EY werden durchaus bei einigen deutschen Biotech-Firmen ernsthafte Vorbereitungen für einen Gang aufs Parkett getroffen – allerdings nicht in Frankfurt. Zwei Gründe fügt EY-Experte Bialojan an: In Deutschland fehle es weiterhin an Anlegern, die bereit seien, in zeit- und vor allem kapitalintensive Bereiche wie die Entwicklung von Wirkstoffen zu investieren, die zudem mit einem hohen Ausfallrisiko versehen seien. Andererseits verfügten Banken nicht in ausreichendem Maße über Branchenexperten, die sich fachgerecht mit den Bedürfnissen von Biotech-Unternehmen und deren komplexen Sachverhalten auseinandersetzen können. Uns so bleibt deutschen Firmen in ihren Börsenplanungen nur der Weg ins Ausland – zumal viele von ihnen bereits mit ausländischen Pharma-Unternehmen kooperieren. Zudem bieten Börsen wie die Amsterdamer Euronext ein gutes Umfeld für kleinere Unternehmen ohne nennenswerte Umsätze. Werden die Beispiele von Probiodrug oder Affimed also wieder den Ruf nach einem speziellen deutschen Börsensegment für den „Neuen Markt 2.0“ erklingen lassen? Entsprechende Stimmen, vor wenigen Monaten hörbar erklungen, sind inzwischen merklich verstummt. Was bleibt, ist die Attraktivität einer Euronext oder eben gleich der Weg an die US-Technologiebörse NASDAQ.

Fazit

Die deutsche Biotechnologie besticht weiterhin durch einen hohen Forschungsdrang und Expansionsgedanken auf Unternehmensseite. Positive und negative Geschäftsentwicklungen wechseln sich ab. Es gibt zu wenig Risikokapital und es wird zu wenig gegründet. Der Weg an die Börse findet, wenn überhaupt, im Ausland statt. Es sind keine grundlegenden Überraschungen, die das laufende Jahr bislang dem Betrachter geboten haben, zumeist bewegt man sich auf gewohntem Terrain. Doch wird das so weitergehen?

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