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Wellenreiten. Du liegst auf dem Surfbrett, das Wasser ist verhältnismäßig ruhig. Du wartest. Weit hinten baut sich die ­Welle schließlich langsam auf. Und dann stehst du im richtigen Moment auf, um auf ihr zu surfen … Ja, wie ­Wellenreiten fühlen sich auch die Investitionszyklen für VC in der Biotechbranche an. Derzeit ist alles ruhig, aber die ­nächste Welle wird schon erwartet – und die will in der Pharmabranche niemand verpassen.

Auch in der deutschen Biotechszene sind die Kapitalströme nicht gleichmäßig, sondern eher wellen­förmig. 2023 war ein vergleichsweise ruhiges Jahr. Zwar gab es ein paar kapitalstarke ­Finanzierungen, doch konnte das nicht ­darüber hinwegtäuschen, dass die Zahl der VC-Investitionen in Biotech hierzulande ziemlich niedrig war. Teilweise lag sie bei der Hälfte des Vorjahresniveaus.

Zur Jahreswende 2023/2024 baute sich dann einiges auf: In den USA kauft BMS ­Karuna, diesseits des Atlantiks möchte Novartis MorphoSys übernehmen – und das dürften nur ein paar Paukenschläge am Anfang gewesen sein. Es deutet sich an, dass im Jahr 2024 und danach wieder deutlich mehr Geld in Biotech fließen wird: Denn die Pharmafirmen sind hoch bewertet am Kapitalmarkt – und ebenso hoch sind die Erwartungen an die Pipeline. Ich habe den Eindruck, es herrscht eine regelrechte FOMO, eine Fear of ­Missing Out. Jeder Deal setzt die anderen Firmen unter Druck, auch zuzukaufen; ­besonders in den „heißen“ Bereichen ADCs, ZNS oder Adipositas. Zugleich wird dadurch wieder Kapital frei für neue ­Investitionen. Die Welle ist bereits unterwegs – und für VC, Investoren und die ­gesamte Biotechbranche bringt sie spannende Zeiten voller Chancen mit sich.

Illustration "Surfer". Copyright: https://playground.com
Illustration „Surfer“. Copyright: https://playground.com

Doch eine perfekte Welle baut sich nachhaltig auf. Die beste Grundlage sind langfristige Investitionsmodelle, die auf wissenschaftliche Qualität setzen. Wir sind davon überzeugt, dass die Life-Sciences-Branche, trotz ihrer Aufs und Abs, wachstums- und zukunftssicher ist. Daher ­verfolgen wir bereits seit 2012 mit Erfolg einen innovativen Investitionsansatz: Als Lead-Investor finanzieren wir vielversprechende einzelne Produktkandidaten schon in der Frühphase. Drumherum setzen wir ein agiles, gut gemanagtes Unternehmen auf, das sich ganz auf dieses eine Produkt ­konzentriert. Das nennen wir eine Project-focused Company (PFC). Wir ­entwickeln unsere Assets von Anfang an in ­einer strategischen Kooperation mit Eli Lilly und ­berücksichtigen so das Feedback der Hauptzielgruppe, eines möglichen Big-Pharma-Käufers, bereits im Zeitpunkt des Investments. Auch Lillys Venture-Arm setzt auf Wissenschaft und den Aufbau hoch ­innovativer Unternehmen. Dabei konzen­trieren sie sich in erster Linie auf innova­tionsstarke ­Lokationen wie Deutschland.

Nur auf einen Wirkstoffkandidaten zu setzen war noch vor einigen Jahren etwas verpönt in der Branche. Es bringt jedoch einen wertvollen Fokus: Wir können ­gezielter und mit maximal effizientem ­Kapitaleinsatz bis zum Proof of Concept ­finanzieren, typischerweise also bis zu ­klinischen Phase-IIa-Ergebnissen. Diese Strategie trifft, unseres Erachtens, den Nerv der Zeit: Wir haben in Deutschland eine robuste wissenschaftliche Tradition, die gezielt durch Akademia und Ausgründungen, etablierte Biotechunternehmen und Start-ups angetrieben wird.

Und noch in weiteren Sektoren erwarten wir wieder deutlich mehr Nachrichten: Medizintechnik und Health IT, was den zweiten Teil unserer Investmentstrategie bildet. Hier stehen differenzierte Geschäfts­modelle von Unternehmen im Fokus, die bereits kommerziell sind oder kurz davorstehen und mit ihrer Technologie einen unmittelbaren Nutzen für Patienten schaffen. Gerade bei digitalen Gesundheitsanwendungen gelingt häufig ein sehr zügiger Markteinstieg. Mit unseren Portfolioneuzugängen myo oder Vektor Medical haben wir zuletzt verstärkt in diesem Bereich ­investiert. Während der Pandemie wurde viel in die Forschung investiert, nun reifen neue Technologien und Wirkstoffkandidaten zu aussichtsreichen Projekten heran. Zahl­reiche Gründe, dass die Biotechbranche für einige Zeit besonders attraktiv sein dürfte – nicht nur für Wellenreiter.

Autor/Autorin

Stefan Fischer, TVM Capital Life Science
Stefan Fischer
Managing Partner, CFO at TVM Capital Life Science | Website

Stefan Fischer ist Managing Partner (Finance) bei TVM Capital Life Science. Er verfügt über 25 Jahre VC-Erfahrung. Als CFO ist er verantwortlich für alle finanziellen Belange von TVM in Europa und Nordamerika sowie für die Life-Science-Venture-Capital-Fonds.