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Das Börsensentiment gegenüber dem Biotechsektor hat sich aufgehellt und schlägt sich auch in der verbesserten ­Kursperformance der im Biotech & Co. Basket enthaltenen Firmen nieder. Klinische Resultate, eine Übernahme und eine Personalie prägen dabei die markantesten Kursentwicklungen.

Der im Mai 2022 aufgesetzte Biotech & Co. Basket der Plattform Life Sciences im In- und Ausland bildet aktuell die Wertentwicklung von 24 börsennotierten deutschen Biotechunternehmen und der ­österreichischen Biotechfirma Marinomed ab, deren Aktie an deutschen Börsenplätzen gehandelt wird.

Die wichtigsten Zahlen, Trends und Kursentwicklungen des Biotech & Co. Basket im Berichtszeitraum (1. Dezember 2023 bis 27. Februar 2024):

  • Der Börsenwert aller 25 Unternehmen ­belief sich zum 27. Februar auf rund 38,4 Mrd. EUR. Daraus ergibt sich für den Berichtszeitraum ein Minus von 0,7%. Nimmt man allerdings den Jahresanfang als Ausgangspunkt, hat sich der Börsenwert seitdem um 6% verringert.
  • Von der Summe des Börsenwerts entfielen 53,4% auf die seit Ende 2019 an der Nasdaq notierende BioNTech AG und ­weitere 23,0% auf den im DAX gelisteten Diagnostikspezialisten QIAGEN.
  • Fünf Unternehmen (BioNTech, QIAGEN, Evotec, MorphoSys, Immatics) überschreiten bei der Marktkapitalisierung die Milliardengrenze. ­
  • Zwölf der aktuell 25 im Basket enthaltenen Unternehmen kommen auf einen Börsenwert von mehr als 100 Mio. EUR. Bei weiteren fünf Titeln liegt die Marktkapitalisierung zwischen 50 Mio. und 100 Mio. EUR.
  • 14 der 25 Unternehmen legten eine ­positive Kursperformance hin. Den größten Kurssprung schaffte TecDAX-Mitglied MorphoSys, dessen Börsenwert sich fast verdreifachte.

Verbessertes Branchensentiment

Bei den im Biotech & Co. Basket enthaltenen Unternehmen ist der Abwärtstrend zum Stillstand gekommen, der in weiten Teilen des Börsenjahrs 2023 die Kursentwicklungen ­geprägt hatte. Größere Ausschläge bei den Aktienkursen der einzelnen Firmen sind das Resultat von Nachrichten zum operativen ­Geschäft und zu finanziellen Transaktionen. In unserem letzten Bericht zur Wert­entwicklung des Baskets Anfang Dezember hatten wir angekündigt, die Attrak­tivität des Baskets für alle Investoren im Sinne der Liquidität zu stützen, ­indem in Zukunft sämtliche Firmen mit einem Börsenwert unter 10 Mio. EUR aus dem Basket entnommen werden. Aus ­diesem Grund sind TME Pharma und ­bioXXmed in dieser Statistik vorerst zum letzten Mal enthalten.

Drei Erfolgserlebnisse

Die in der Finanzwelt im neuen Börsenjahr 2024 bislang am meisten diskutierte Transaktion unter den deutschen Biotechs war die Übernahme des deutschen Biotech­pioniers MorphoSys durch seinen langjährigen Pharma­partner Novartis: 2,7 Mrd. EUR, das sind 68 EUR je Aktie, zahlt der Schweizer Pharmakonzern für den Antikörperspezialisten. ­Novartis beabsichtigt, die Transaktion bis zur Jahresmitte abzuschließen. Bis dahin soll eine Mindestannahmeschwelle von 65% erreicht sein. Vorstand und Aufsichtsrat von MorphoSys haben ihre Zustimmung zum Übernahmeangebot bekundet. Konkret zielt die Akquisition auf den Wirkstoff Pelabresib, den MorphoSys zur Behandlung von Myel­ofibrose, einer Störung der Blutbildung im Knochenmark, entwickelt hat. Der Kaufpreis reflektiert die Abstriche, die Novartis bei ­Pelabresib einkalkuliert – denn als Unsicherheitsfaktor bleibt, dass der Wirkstoff bei den zulassungsrelevanten klinischen Studien nicht den sekundären Endpunkt erreichte. Die Folge könnte eine Zulassung unter Einschränkungen sein.

Positive Nachrichten vermeldete außerdem die 4SC AG: Am 1. März gab das Unternehmen bekannt, bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) den Zulassungsantrag für das Krebsmittel Kinselby eingereicht zu haben. Kinselby soll dabei zur Behandlung des kutanen T-Zell-Lymphoms zum ­Einsatz kommen. Bislang existieren keine ­adäquaten Behandlungsoptionen gegen ­diese seltene Krebserkrankung, die jährlich in Europa bei etwa 5.000 Patienten neu ­diagnostiziert wird. Die Meldung beflügelte kurzfristig den Aktienkurs, der sich seit ­Sommer 2023 seitwärts bewegt.

Bei Heidelberg Pharma hat eine Nachricht Anfang März den Abwärtstrend gestoppt, den die Aktie in den Monaten zuvor eingeschlagen hatte: Das bei den Krebstherapien auf den Ansatz der Antikörper-Wirkstoff-Konjugate spezialisierte Unternehmen gab eine Finanzierungsvereinbarung mit HealthCare Royalty bekannt, die ein Volumen von bis zu 115 Mio. EUR erreichen kann. HealthCare Royalty ist auf die Kommerzialisierung von Produkten spezialisiert, die vor der Marktreife sehen. Bei Heidelberg Pharma handelt es sich um Zircaix, einen radioaktiv markierten Antikörper zur Diagnose von klarzelligen Nierenzellkarzinomen, der in Zukunft auch zur Diagnose von anderen Tumorarten getestet werden soll.

Ein klinischer Fehlschlag und eine Personalie

Ebenfalls nach Ende des Berichtszeitraums musste dagegen Vivoryon Therapeutics ­Anfang März einen herben Rückschlag verkraften. Das Alzheimermedikament Varoglutamstat verfehlte in der signifikanten Wirksamkeitsstudie sowohl den primären als auch den sekundären Endpunkt. Im Studienverlauf zeigte sich kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der kognitiven Fähig­keiten der Patienten. Als erste Reaktion auf die enttäuschenden Ergebnisse verlor die ­Vivoryon-Aktie rund 90% an Wert.

Zu den großen Verlierern im Berichts­zeitraum zählt auch die Aktie des deutschen Biotechschwergewichts Evotec: Seit Jahresanfang hat das Papier rund 40% an Börsenwert verloren. Auslöser für den Kursrutsch waren keine negativen Nachrichten vom operativen Geschäft, sondern der völlig überraschende Rücktritt des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Dr. Werner Lanthaler. Seit seinem Start im Frühjahr 2009 galt Dr. Lanthaler als treibende Kraft für die erfolgreiche operative Neuausrichtung von Evotec als Partner von Pharma- und Biotechfirmen für die präklinische Wirkstoffsuche. Nach Dr. Lanthalers Rücktritt wurde bekannt, dass er im Zeitraum 2021 bis 2023 Aktiengeschäfte im engen zeitlichen Kontext zu wichtigen ­Unternehmensereignissen getätigt hatte. ­Dabei hatte er den Aufsichtsrat nicht informiert und gegen die zeitnahe Meldepflicht durch die Banken verstoßen.

Biotech & Co.-Basket

Fazit

Die im Basket enthaltenen deutschen ­Biotechfirmen haben im Berichtszeitraum nicht die Performance des Nasdaq Biotechnology Index erreicht; der für die gesamte Branche maßgebliche Index steigerte seinen Wert zwischen Dezember und Februar um 18,5%. Gleichwohl sollten auch deutsche Biotechaktien davon profitieren, dass sich das internationale Börsenklima für den ­gesamten Sektor in den letzten Monaten ­aufgehellt hat.

Neben der anhaltend hohen Zahl an Produktzulassungen – 55 waren es 2023 in den USA, dem weltweit größten Medikamentenmarkt – reflektieren die zunehmenden ­Übernahmeaktivitäten, dass die Innova­tionskraft der Biotechbranche eine hohe Anziehungskraft auf Pharmakonzerne ausübt, die ihre Pipeline mit neuen potenziellen Milliardenprodukten füllen wollen. Die Kursgewinne bei einzelnen deutschen Biotechs untermauern unsere Einschätzung, dass der Markt positive unternehmensspe­zifische Nachrichten mit kräftigen Kurs­gewinnen honoriert.

Autor/Autorin

Stefan Riedel
Freier Redakteur at Büro für Kommunikation

Stefan Riedel ist freier Autor bei GoingPublic Media und selbständiger Redakteur mit Schwerpunkt Finanzen und Wirtschaft.