Bildnachweis: Corona Borealis – stock.adobe.com.

Mehrere Wochen sind seit dem Inkrafttreten der ersten Lockerungen von Corona-Schutzmaßnahmen vergangen – und dennoch bewegt sich die Zahl der täglichen Neuinfektionen weiter auf verhältnismäßig geringem Niveau. In der vergangenen Woche hat kein Landkreis in Deutschland die kritische Marke von 50-Corona-Neuinfektionen überschritten, das Gros liegt sogar deutlich darunter. Auch der alles entscheidende R-Wert ist nach einem Zwischenhoch von 1,20 wieder unter die kritische Marke von 1,0 gerutscht. Lediglich in Göttingen scheinen sich infolge einiger Familienfeier 105 Menschen mit dem Coronavirus infiziert und so müssen Lockerungen wieder zurückgenommen werden. Dennoch scheint Deutschland auf einem guten Weg.

Das gestern Abend verabschiedete Konjunkturprogramm soll seinen Teil dazu beitragen und die Wirtschaft wieder ankurbeln. So hat die große Koalition ein 130 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket geschnürt, das Deutschland helfen soll die Krise zu meistern. Vor allem zielt der Beschluss darauf ab, Jobs zu sichern, Innovationen anzuschieben und die Menschen zum Kaufen zu bewegen. Zu diesem Zweck wird die Mehrwertsteuer für ein halbes Jahr auf 16% gesenkt, für jedes kindergeldberechtigte Kind erhält jede Familie eine Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro und die Sozialversicherungsbeiträge werden bis 2021 bei maximal 40 Prozent gedeckelt. Zudem soll die Anschaffung von E-Autos mehr gefördert (6000 statt 3000 Euro bislang), die EEG Umlage abgesenkt und auch Firmen und Gemeinden unterstützt werden.

Auch das Thema der Impfstoffproblematik wird durch den heutigen virtuellen Impfstoffgipfel aus London nochmals näher beleuchtet. Der britische Premierminister Boris Johnson hat Staats- und Regierungschefs aus aller Welt zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen lebensbedrohliche Krankheiten aufgerufen. Er hoffe, dass der virtuelle Gipfel ein echter Moment sein werde, an dem sich die Menschheit im Kampf gegen Krankheiten zusammenschließe, sagte Johnson zum Auftakt der online übertragenen globalen Geberkonferenz der Impfstoff-Allianz Gavi. Bei dem virtuellen Gipfel sollen Vertreter von mehr als 50 Ländern sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Milliardär Bill Gates dabei sein. Insgesamt werden Zusagen über umgerechnet rund 6,6 Milliarden Euro für Impfprogramme erwartet. Die Gavi-Vorstandsvorsitzende Ngozi Okonjo-Iweala stellte fest, dass die Corona-Krise gezeigt habe, welche entscheidende Rolle Impfstoffe im Kampf gegen Krankheiten spielen – sowohl beim Schutz von Leben als auch bei dem von Existenzen sowie der Wirtschaft. Es gebe eine wichtige Lektion zu lernen, sagte UN-Generalsekretär António Guterres: „Ein Impfstoff an sich ist nicht genug. Wir brauchen globale Solidarität, um sicherzustellen, dass jede Person überall Zugang dazu hat.“ Ein Corona-Impfmittel solle deshalb als ein gemeinsames internationales Gut verstanden werden. „Krankheiten kennen keine Grenzen.“ Der Impfstoffgipfel soll sich nicht nur auf die Suche nach einem Impfstoff gegen das Coronavirus beschäftigen, sondern dazu beitragen bis 2025 weitere 300 Millionen Kinder in den ärmsten Ländern der Welt gegen Krankheiten wie Polio, Typhus und Masern zu impfen.

Auch wenn die Impfstoffentwicklung auf aller Welt (inzwischen mindestens 148 Impfstoffprojekte) auf Hochtouren läuft, wird noch etwas Zeit vergehen bis dieser dann offiziell zugelassen ist. Die US-Regierung hat fünf Unternehmen ausgewählt, die als wahrscheinlichste Kandidaten für die Herstellung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus gelten. Dazu gehören das US-Biotech-Unternehmen Moderna (wsl. Eintritt in letzte Phase der klinischen Studie im Juli), AstraZeneca in Verbindung mit der Oxford University (ähnlicher Zeitplan) und drei große Pharmaunternehmen: Johnson & Johnson, Merck & Co und Pfizer (Zusammenarbeit mit BioNTech). Albert Bourla von Pfizer verbreitet bzgl. der Timeline ersten Optimismus. „Wenn es gut läuft und wir Sicherheit und Wirksamkeit ausreichend belegen können, könnten wir Ende Oktober einen Impfstoff haben“, meint der Konzernchef. Eine Schwierigkeit bei der Impfstoffentwicklung ist paradoxerweise der rapide Rückgang der Corona-Infektionen in Europa, wo viele der klinischen Studien stattfinden. Die Ansteckungsrate werde bald zu niedrig sein, um Impfstoffe in natürlicher Umgebung auf ihre Wirksamkeit zu testen, sagt Pascal Soriot, Chef des britischen Unternehmens AstraZeneca. „Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit.“ Probanden gezielt dem Virus auszusetzen, sei schließlich ethisch nicht vertretbar, gibt dieser zu bedenken.
Auch vier Länder in Europa, Frankreich, Italien, die Niederlande und Deutschland, haben nun eine gemeinsame Initiative gebildet, um die Produktion eines Corona-Impfstoffs in Europa voranzutreiben.

Die Pharmaindustrie will sich nach eigenen Angaben zwar für eine gerechte Verteilung der Corona-Impfung einsetzen, jedoch könne man auf die geistigen Eigentumsrechte nicht verzichten. Die Wahrung der Rechte an geistigem Eigentum in der Corona-Impfstoff-Forschung sei „absolut grundlegend für unsere Branche“, sagt GlaxoSmithKline-Chefin Emma Walmsley. AstraZeneca-Chef Soriot hebt hervor, die Pharma-Unternehmen steckten gerade Milliarden US-Dollar in die Impfstoffforschung, ohne zu wissen, ob sich diese Investitionen für sie rechneten. „Wenn man das geistige Eigentum nicht schützt, gibt es keinen Anreiz für Innovationen.“

Autor/Autorin