Santhera Pharmaceuticals ist ein Schweizer Spezialitätenpharmaunternehmen, das sich auf die Entwicklung und Vermarktung von innovativen Medikamenten für seltene neuromuskuläre und pulmonale Erkrankungen mit hohem medizinischem Bedarf spezialisiert hat.

Seltene neuromuskuläre und pulmonale Erkrankungen

DMD ist eine seltene Erbkrankheit, die schon im Kindesalter zu fortschreitender Muskeldegeneration und -schwäche führt.  Auf anfängliche Beeinträchtigungen des Gehvermögens folgen Einschränkungen bei der Selbsternährung (durch Schwächung der Armmuskeln), Notwendigkeit assistierter Beatmung und eine Schwächung des Herzens. DMD reduziert die Lebenserwartung aufgrund von Atem- und/oder Herzversagen bis vor dem vierten Lebensjahrzehnt.

Kortikosteroide als Standardbehandlung bei DMD

Der derzeitige Standard für die Behandlung von DMD sind sogenannte Kortikosteroide, die zur Behandlung entzündlicher Erkrankungen eingesetzt werden. Derzeit gängige Kortikosteroid-Präparate können jedoch zu Wachstumsverzögerungen, erhöhtem Blutzucker, Gewichtszunahme, Hautproblemen, und weiteren Nebenwirkungen führen.

Chemische Formel von Vamorolon. Copyright: Santhera
Chemische Formel von Vamorolon. Copyright: Santhera

Vamorolon als innovative Alternative

Die Schweizer Firma Santhera hat mit „Vamorolon“ nun einen Arzneimittelkandidaten zur Behandlung von DMD entwickelt, der ab Anfang 2024 unter dem Handelsnamen AGAMREE in den USA und Europa vertrieben wird. Das Produkt hat auch Anwendungspotential in anderen chronischen Erkrankungen, insbesondere bei Kindern, bei denen bisher Standard-Kortikosteroide zum Einsatz kommen. Zusatzindikationen sollen in den kommenden Jahren entwickelt werden. Durch eine veränderte chemische Struktur von Vamorolon resultiert ein veränderter Wirkmechanismus im Vergleich zu Standard Kortikosteroiden, welcher die Wirksamkeit von bekannten Nebenwirkungen entkoppeln kann. Daher sehen Experten Vamorolon als eine Alternative zu den bestehenden Kortikosteroiden in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit DMD.

Zulassungsentscheidungen und Meilensteine für AGAMREE

Anfang Oktober 2023 erhielt Santhera eine positive Beurteilung vom CHMP-Ausschuss der Europäischen Arzneimittelbehörde mit Zulassungsempfehlung für AGAMREE; der EU-Zulassungsentscheid wird gegen Jahresende erwartet. Nur zwei Wochen später erhielt Santhera die Zulassung durch die US FDA.

Santheras CEO Dario Eklund. Copyright: Santhera
Santheras CEO Dario Eklund. Copyright: Santhera

„Diese Zulassungsentscheide sind bedeutende Meilensteine für Santhera hin zu einem profitablen Unternehmen. Nun können wir unsere Pläne umsetzen, um sicherzustellen, dass AGAMREE baldmöglichst den Patienten in der EU und über unseren US Partner Catalyst Pharmaceuticals in den USA zur Verfügung steht“, so CEO Dario Eklund.

 

Hauptsitz des Unternehmens im Ceres Tower Pratteln bei Basel (Schweiz). Copyright: Santhera
Hauptsitz des Unternehmens im Ceres Tower Pratteln bei Basel (Schweiz). Copyright: Santhera

Santhera schätzt das Umsatzpotential in Europa für die Indikation DMD auf EUR >150 Millionen und verweist dabei auf einen Analysten-Report von HC Wainwright vom 27. Juli 2023. Dort wird auch von einem jährlichen Spitzenumsatzpotential für AGAMREE in den USA von USD 500 Millionen ausgegangen. Einkünfte sollen aus den direkten Produktverkäufen und Lizenzeinnahmen über die Vertriebs- und Lizenzpartner erzielt werden, insbesondere von Catalyst durch Produktverkäufe in den USA und Sperogenix nach Zulassung in China. Santhera bleibt dabei initial verantwortlich für die Produktion von AGAMREE für alle Märkte.

Markteinführung und finanzielle Flexibilität

Die Markteinführung von AGAMREE in den USA durch Catalyst ist für das erste Quartal 2024 geplant. Ebenso soll AGAMREE ab Anfang 2024 gestaffelt in Europa eingeführt werden. Das erste Land wird hier Deutschland sein.

Santheras Verwaltungsratspräsident Dr. Thomas Meier. Copyright: Santhera
Santheras Verwaltungsratspräsident Dr. Thomas Meier. Copyright: Santhera

„Aus dem Lizenzabkommen mit Catalyst sind Santhera in den letzten Monaten erhebliche Geldmittel zugeflossen. Dies erlaubte uns, Verbindlichkeiten zu bedienen und gibt uns die finanzielle Flexibilität, dieses innovative Produkt in den Kernmärkten in Europa selbst zu vermarkten“, so Santheras Verwaltungsratspräsident Dr. Thomas Meier.

Eckpunkte der Vereinbarung mit Catalyst sind u.a. eine bereits erfolgte Upfront-Zahlung über USD 90 Millionen (davon USD 75 Millionen in bar und USD 15 Millionen durch den Kauf von Santhera-Aktien). Mit dem kürzlich erhaltenen Zulassungsentscheid der FDA stehen Santhera weitere USD 36 Millionen zu. Davon leistet Santhera Meilensteinzahlungen an Dritte in Höhe von USD 26 Millionen, USD 10 Millionen bleiben bei Santhera. Zudem hat Santhera Anspruch auf umsatzabhängige Meilensteinzahlungen in Höhe von bis zu USD 105 Millionen und Royalties. Dieser beträchtliche Mittelzufluss erweitert die Liquiditätsreichweite des Unternehmens bis ins erste Quartal 2025.

Kurzprofil der Santhera Pharmaceuticals Holding AG:

Rechtsform: AG (Börsengang an der Schweizer Börse (SIX Swiss Exchange) im Herbst 2006); Ticker: SANN; Hauptaktionäre (per 31. Oktober 2023): Catalyst Pharmaceuticals (11,2%), Idorsia (10,3%)
Gründung: Sommer 2004 (durch Fusion der MyoContract AG (Basel) und Graffinity Pharmaceuticals (Heidelberg)
Sektor: Pharma
Standort: Hauptsitz: in Pratteln bei Basel (Schweiz) sowie operative Standorte in Deutschland, den Niederlanden und UK
Marktkapitalisierung (per 31. Oktober 2023): ca. EUR 150 Millionen
Mitarbeiter: rund 60 (Stand November 2023)
Internet: www.santhera.com

Autor/Autorin

Redaktionsleiter Plattform Life Sciences at GoingPublic Media AG | Website

Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.