Neues von der PARP-Inhibitor Front Eigentlich hat sich BioMarin in der Branche eher als Entwickler von Medikamenten gegen seltene Krankheiten, die so genannten „orphan diseases“ einen Namen gemacht. Auf dem diesjährigen ASCO Meeting machte das Unternehmen nun erstmalig auch im Kampf gegen Krebs auf sich aufmerksam. In Patienten, deren Tumorzellen die gefürchteten BRCA-Mutationen tragen, schnitt BioMarins expertimenteller Wirkstoff BMN673 gar nicht schlecht ab. Das zur Wirkstoffklasse der Poly-ADP-Ribose Polymerase Hemmer (PARP-Inhibitor) zählende BMN673 ließ in 11 von 25 Patientinnen Mamma- oder Ovarialkarzinome sichtbar schrumpfen. PARP ist ein wichtiges Enzym das Strangbrüche im Erbgut repariert. Fehlt PARP, beispielweise auf Grund einer medikamentösen Blockade, kommt es während der Zellteilung zu weiteren Strangbrüchen und in der Folge zu einem Absterben von Krebszellen. Da Krebszellen sich sehr viel häufiger teilen als gesunde Zellen, generieren sie weit mehr Strangbrüche und sind deshalb auf PARP sehr viel stärker angewiesen. Diesen Mechanismus macht man sich bei der Entwicklung von PARP-Inhibitoren zu Nutze. Auch wenn BioMarin im Rennen um den nächsten wirksamen PARP-Inhibitor nicht konkurrenzlos ist – auf weitere Studienergebnisse mit dem Hemmstoff darf man dennoch gespannt sein.

BioMarin Konkurrenz von der Ostküste Auch der an der amerikanischen Ostküste beheimatete Krebsspezialist Tesaro verfügt über einen interessanten PARP-Inhibitor. Wie interessant, das zeigen die 100 Millionen an Venture Capital, die bis heute in die Krebspipline der kleinen Biotechschmiede geflossen sind. Auch wenn die PARP-Konkurrenz mit BioMarin, AbbVie und vor allem dem Pharmaunternehmen AstraZeneca nicht schläft, Tesaros Niraparib sollte nicht unterschätzt werden. Die vorgestellten ASCO-Daten zeigen einen Tumorrückgang bei BRCA-positiven wie BRCA-negativen Ovarialkarzinomen. Besonders erfolgversprechend scheint der PARP-Inhbitor allerdings bei BRCA-positiven Tumoren zu sein, hier konnte Niraparib das Tumorwachstum etwa ein Jahr lang in Schach halten. Europäische Onkologen konnte Tesaro mit seinen Ergebnissen bereits überzeugen, demnächst soll in Europa eine wichtige Studie mit 360 am Ovarialkarzinom leidenden Frauen starten.

Gilead wechselt die Seiten Wie BioMarin, so ist auch Gilead Sciences nicht das, was man unter einem Krebspezialisten versteht. Die Kalifornier sind eher durch ihre Expertise in der Virologie bekannt und haben sich zu einem Markführer bei der Behandlung von HIV-Infektionen emporgearbeitet. Doch auch Gilead Sciences hat wohl das Marktvolumen der innovativen Krebsmedikamente gelockt, weshalb man einen recht aussichtsreichen Kandidaten eingekauft hat. Im Fokus des HIV-Spezialisten befindet sich ein Protein – genauer ein Enzym – das den Namen PI3-Kinase trägt. Die Phosphatidylinositide 3-Kinasen sind eine ganze Familie von Enzymen die in Zellwachstum, Proliferation, Differenzierung und Überleben involviert sind. Aus diesem Grunde spielen sie auch bei der Krebsentstehung eine wichtige Rolle. Die Waffe, die Gilead gegen die PI3-Kinase zum Einsatz bringen will nennt sich Idelalisib und stammt von Calistoga Pharmaceuticals. Gilead erwarb den experimentellen Wirkstoff, der in sehr kranken und stark vortherapierten Patienten mit chronisch lymphatischer Leukämie nun recht zuversichtliche Ergebnisse generierte. So zeigen die kürzlich präsentierten Daten in 30 von 54 Patienten einen signifikanten Tumorrückgang nach Therapie mit Idelalisib. Nach diesem ersten Erfolg sind nun weitere Studien beim non-Hodgkin Lymphom und beim Mantelzell-Lympho geplant. Primäres Ziel bei Gilead, die Marktreife des neuen PI3-Kinase Inhibitors möglichst noch vor dem Konkurrenzprodukt IPI-145 von Infinity Pharmaceuticals zu erhalten.

Hoffnung beim Pankreaskarzinom Mit dem Pankreaskarzinom hat die Firma Halozyme ihre Forschungsanstrengungen vielleicht auf einen der am schwersten zu therapierenden Krebs ausgerichtet. Der Bauchspeicheldrüsenkrebs erweist sich deshalb so resistent gegen jegliche Art von Therapie, weil er mehr oder minder stark von einer schützenden Matrix aus Hyaluron umgeben ist. Diese Schutzhülle sorgt dafür, dass Chemotherapien nicht tief genug in den Tumor eindringen, so dass diese in den allermeisten Fällen wirkungslos bleiben. Erste Daten mit dem Halozyme Wirkstoffkandidaten PEGPH20 in Kombination mit der Standardchemotherapie Gemcitabine wurden nun auf dem ASCO Treffen erstmalig einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Dabei zeigte sich in 33 Prozent der 21 behandelten Pankreaskarzinome (Stadium IV), bei relativ geringen Nebenwirkungen, tatsächlich ein Rückgang der beobachteten Tumorläsionen. Auch wenn die Daten noch sehr vorläufig sind, sie sind ein Lichtblick für einen Tumor wie das Pankreaskarzinom. Da der neuartige Wirkstoffkandidat die Hyaluronkapsel um den Tumor knacken soll, zeigt er sich besonders bei Tumoren mit hohen Hyaluron-Konzentrationen erfolgreich.

Clovis Oncology und der ASCO-Effekt
Vom legendären ASCO-Effekt konnte in diesem Jahr vor allem Clovis Oncology profitieren. Vor der ASCO-Präsentation notierte der Aktienkurs noch um die 36 Dollar, danach hatte sich das Papier mehr als verdoppelt. Aktuell notiert der Wert bei 72,10 Dollar. Grund für den Run auf die Papiere der Biotechschmiede waren Resultate aus Versuchen mit dem Wirkstoffkandidaten CO-1686 gegen den resistenten Lungenkrebs. Der Wirkstoffkandidat könnte bei zu Resistenz führenden EGFR-Mutationen eine neue Therapieoption werden, eine Aussicht die an den Märkten für Furore sorgte. Bestimmte Mutationen in den Tumorzellen des Lungenkarzinoms sind nämlich für eine Resistenz gegen EGFR-Inhbitoren verantwortlich. Besonders eindrucksvoll, trotz sehr niedriger Dosierung konnte CO-1686 in vier von sechs resistenten Patienten einen deutlichen Tumrorückgang erzielen. In den bereits geplanten Wirksamkeitsstudien sollen Patienten nun mit sehr viel höheren Dosen therapiert werden, die Fantasien der Investoren auf den nächsten Highflyer sind also gar nicht so abwegig. Schon seit geraumer sind Wissenschaftler auf der Suche nach Alternativen für Tarceva und Iressa, gegen die immer mehr Lungenkarzinome eine Resistenz entwickeln. Ob Clovis Oncology mit CO-1686 hier eine Lösung parat hat, wird sich hoffentlich bald zeigen.

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