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Diesen und weitere Artikel zum Thema Hauptversammlung finden Sie in der neuen Ausgabe des HV Magazins 01-2022.

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie sind volkswirtschaftliche Prognosen mit erhöhter Unsicherheit verbunden. Hintergrund ist eine außergewöhnliche Gemengelage an verschiedenen historisch beispiellosen und schwer kalkulierbaren Einflussfaktoren, die auch die Ergebnisprognosen von Unternehmen weiterhin massiv beeinflussen werden. Umso wichtiger ist für Zukunfts-Projektionen daher derzeit ein umfassendes Gerüst von Annahmen und eine flexible Strategie, die bei sich verändernden Rahmenparametern schnell angepasst werden können.

Da wäre zunächst die Pandemie selbst. Die Basisannahme ist, dass deren Einfluss spätestens mit dem beginnenden Frühjahr abnimmt. Es bleibt allerdings die Gefahr, dass im Jahresverlauf weitere Varianten entstehen, die erneute Restriktionen nach sich ziehen könnten. Obwohl sich alle Unternehmen auf die Produktion unter Corona-Bedingungen so weit wie möglich eingestellt haben, wären Umsatz- und Gewinnausfälle in besonders betroffenen Branchen wahrscheinlich.

Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht gravierender werden auch künftig die Auswirkungen der globalen Lieferkettenengpässe und die steigenden Kosten für Vorprodukte, Rohstoffe und Energie sein. Für das derzeitige Ausmaß von Staus vor Containerhäfen und vor allem für deren Auflösung gibt es keine Blaupause. Die Annahme ist, dass die Lieferketten nicht vor dem Jahresende wieder vollständig reibungslos funktionieren, auch wenn mit einer sukzessiven Verbesserung im Laufe der nächsten Monate zu rechnen ist. Allerdings besteht das Risiko erneuter Rückschläge, etwa durch pandemiebedingte Schließungen von Terminals.

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Sollte der Ukraine-Konflikt eskalieren, dürften Energie- und Rohstoffpreise zumindest kurzfristig noch einmal kräftig anziehen. Für Staaten und Unternehmen mit engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit Russland wäre die Verschärfung internationaler Sanktionen ein gewichtiges Problem. Denkbar sind neben kollabierenden Im- und Exporten auch Zahlungsausfälle russischer Schuldner. Auch andere Konfliktfelder, beispielsweise zwischen China und Taiwan bzw. den USA könnten zumindest für steigende Verunsicherung, möglicherweise sogar für Störungen von Geschäftsabläufen sorgen.

Nicht zuletzt muss die Geldpolitik im Blick behalten werden. Künftig werden immer mehr Notenbanken nach jahrelangen Zinssenkungszyklen und der Flutung von Kapitalmärkten mit Liquidität ihren geldpolitischen Kurs weniger expansiv ausrichten. Dabei besteht die Gefahr, dass aufgrund stetig steigender Inflationsraten so stark auf die Bremse getreten wird, dass die grundsätzlich positive konjunkturelle Dynamik Schaden nimmt und Refinanzierungskosten deutlich steigen. Zwar erleichtert das inflationäre Umfeld das Durchreichen höherer Produktionskosten an die Endverbraucher, allerdings drückt sie auch die Kaufkraft in unteren Einkommenssegmenten mit entsprechenden Auswirkungen auf den Konsum.

Anleger dürften angesichts dieser Risikofaktoren besonders sensibel auf jegliche Ergebnisberichte und -prognosen von Unternehmen blicken. Umso wichtiger ist eine transparente Darstellung der zugrundeliegenden Annahmen sowie eine enge kommunikative Begleitung im Falle größerer Ertragsabweichungen, auch im Rahmen der anstehenden Hauptversammlungen des Jahres 2022.

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Autor/Autorin

Carsten Mumm

Chefvolkswirt
Privatbank Donner & Reuschel