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Zum Jahresende 2023 hat die Bundesregierung das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) beschlossen und damit einige aus unserer Sicht überfällige Erleichterungen bei der Beteiligung von Mitarbeitern in Wachstumsunternehmen eingeführt.

Die eingeführten Erleichterungen erhöhen die Attraktivität von echten Beteiligungen an Unternehmen, wie Aktien oder GmbH-Anteile, die bisher vor allem durch das Instrument einer virtuellen Beteiligung „vermieden“ wurden. Die Ausgabe von echten Beteiligungen hatte bisher für den Mitarbeiter den Nachteil, dass bei einer vergünstigten Übertragung der Anteile dem Begünstigten eine sogenannte Dry-Income-Besteuerung auf den geldwerten Vorteil drohte. Je nach Umfang konnte dies erhebliche finanzielle Aufwendungen bzw. Risiken bedeuten. Durch das Anstellungsverhältnis greift hierbei als Besteuerungsgrundlage die Lohnsteuer, die in ihrer Progression bis zu 42% zzgl. Solidaritätszuschlag von 5,5% betragen kann. Hinzu käme ggf. noch die Kirchensteuer. Durch die Novellierung des § 19a EStG hat der Mitarbeiter 15 Jahre ab der Gewährung Zeit, bis der „geldwerte Vorteil“ besteuert wird. Durch eine unwiderrufliche Haftungserklärung des Arbeitgebers für die Lohnsteuer kann die Besteuerung auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Übertragung bzw. des Verkaufs der Anteile durch den Mitarbeiter hinausgezögert werden, auch wenn die 15-Jahres-Frist bereits überschritten oder zuvor das Dienstverhältnis mit dem Arbeitgeber beendet wurde. Damit hat das Dry-Income-Problem für den Begünstigten keine Relevanz mehr. Für Start-ups ist ferner interessant, dass Mitarbeiter auch ­Anteile von den Gründern erwerben können, die ebenfalls dieser aufschiebenden Besteuerung unterliegen.

Darüber hinaus kann sich ein steuerlicher Vorteil für den Mitarbeiter eröffnen, wenn dieser echte Anteile statt virtuelle Beteiligungsinstrumente oder Aktienoptionen erhält. Virtuelle Anteile oder Aktienoptionen werden bei ihrer Ausübung mit der Lohnsteuer besteuert. Echte Anteile wie Aktien oder GmbH-Anteile hingegen unterliegen bei ihrer Veräußerung einer differenzierten Besteuerung: Zum einen wird der erhaltene geldwerte Vorteil, der zum Zeitpunkt der Gewährung anfiel und bis zum tatsächlichen Verkauf gestundet wurde, mit der Lohnsteuer besteuert. Zum anderen ist ein möglicher Wertzuwachs, der zwischen der Gewährung und der Veräußerung entsteht, nur mit der Kapitalertragsteuer zu versteuern. Die Kapitalertragsteuer unterliegt einem Pauschalsteuersatz von 25% zzgl. Solidaritätszuschlag von 5,5% (1); ggf. sind noch Kirchensteuern abzuführen. Durch den niedrigeren Kapitalertragsteuersatz ergibt sich ein Steuervorteil gegenüber der virtuellen Beteiligung oder Aktienoptionen, da auf den entstandenen geldwerten Vorteil bis zur Ausübung bisher immer der höhere Lohnsteuersatz greift. In unserem Rechenmodell ergab sich ein finanzieller Vorteil von rund 24%.

Leider steht nicht jedem Unternehmen das Privileg der aufschiebenden Besteuerung zu. Der Gesetzgeber hat hierfür KMU eingeschlossen, die unter anderem nicht älter als 20 Jahre alt sind, maximal 1.000 Mitarbeiter beschäftigen, einen Umsatz von maximal 100 Mio. EUR erzielen und eine maximale Bilanzsumme von 86 Mio. EUR aufweisen. Unabhängig von der Unternehmensgröße kann mit der Gesetzes­novellierung jedes Unternehmen, das dem Aktiengesetz unterliegt, ein „bedingtes ­Kapital“ im Umfang von bis zu 20% des ­bestehenden Grundkapitals für Aktien­optionen reservieren und ausgeben. Zuvor lag die Grenze noch bei 10%.

Obwohl durch das Zukunftsfinanzierungs­gesetz die Mitarbeiterbeteiligung über echte Unternehmensanteile attraktiver gestaltet wurde, wird die virtuelle Beteiligung nicht an Bedeutung verlieren. Anteile am Unternehmen beinhalten in der Regel Stimm- und Informationsrechte, die bei wachsender Mitarbeiteranzahl zum Teil aufwendig gelenkt werden müssen. Nicht jeder Gründer möchte eine jährliche Gesellschafterversammlung mit mehreren Hundert Teilnehmern ausrichten. Dann kann er gleich an die Börse gehen und einen vergleichbaren Aufwand für seine Aktionäre „treiben“.


1) Bei einer Beteiligung von mindestens 1% erfolgt ab Anteilsgewährung eine Besteuerung im Teileinkünfte­ver­fahren, die jedoch ähnlich hoch wie bei der Kapitalertrag­steuer ausfällt.

Autor/Autorin

Prof. Dr. Wolfgang Blättchen

Prof. Dr. Wolfgang Blättchen ist geschäftsführender Gesellschafter der BLÄTTCHEN FINANCIAL ADVISORY GmbH und seit drei Jahrzehnten als unabhängiger Berater für Kapitalmarktstrategien aktiv. In dieser Zeit konnte er über 100 Pre-IPOs, IPOs und Follow-on-Mandate begleiten. Er ist aktives Mitglied in Aufsichts- und Beiräten sowie Ansprechpartner der Börsen.

Uwe Nespethal

Uwe Nespethal ist ebenfalls geschäftsführender Gesellschafter der BLÄTTCHEN FINANCIAL ADVISORY GmbH und seit über 20 Jahren als unabhängiger Berater in Kapitalmarktstrategien sowie in der Auflegung von kapitalmarktorientierten Incentivierungsprogrammen für Führungskräfte und Mitarbeiter tätig.