Frank Neumann, Analyst, Bankhaus Lampe

Blickt man auf die jüngsten Transaktionen am deutschen Immobilienmarkt, lässt sich weiterhin ein großes Interesse der Investoren an dieser Assetklasse erkennen. Das Interesse gilt dabei sowohl Gewerbe- als auch Wohnimmobilien. Beispielsweise kamen in den ersten Monaten 2012 gleich drei größere Portfoliotransaktionen im Wohnimmobilienmarkt zustande, bei denen gelistete Immobiliengesellschaften die Käufer waren.

Bei den Gewerbeimmobilien ist zu erkennen, dass das Transaktionsvolumen in den vergangenen Quartalen auf hohem Niveau verweilte. Diese hohe Nachfrage entstand nicht zuletzt auch durch die hohe Nachfrage von ausländischen Investoren. Insgesamt kann von einer Flucht in die Assetklasse Immobilien gesprochen werden.

Diese Flucht in die Assets, gepaart mit dem niedrigen Zinsniveau, führt zu steigenden Preisen, wobei sich aktuell ein Boden, gerade bei den Gewerbeimmobilien, herauskristallisiert.

Quelle: CBRE, Bankhaus Lampe Research

Die Anlage in Aktien ist eine gute Alternative

Diese verhältnismäßig guten Rahmenbedingungen im Immobilienmarkt spiegeln sich unseres Erachtens noch nicht in den Aktienkursen der meisten gelisteten Immobiliengesellschaften wider.

Damit gibt es zwei gegenläufige Effekte:

  • Auf der einen Seite wird die direkte Anlage in deutsche Immobilien, vor allem in Ballungsräumen, immer teurer.
  • Auf der anderen Seite sind viele Immobilienaktien mit hohen Dividendenrenditen zu einem Diskont zum Eigenkapital zu haben.

Damit ist das Investment in Immobilienaktien aus unserer Sicht eine interessante Alternative zu einem Direktinvestment oder eine gute Möglichkeit, mittelfristig an der guten Performance des deutschen Immobilienmarktes teilzunehmen.

Quelle: Bankhaus Lampe Research

Immobilienaktien sind im Durchschnitt noch günstig

Momentan gibt es aus unserer Sicht noch günstige Einstiegsgelegenheiten, da der langjährige durchschnittliche Abschlag zwischen Aktienkurs und Eigenkapital oberhalb und das KGV unterhalb des langjährigen Schnittes liegt. Nur in der Finanzkrise 2008 standen beide Variablen noch vorteilhafter.

Stockpicking bleibt entscheidend

Aber auch wenn die durchschnittliche Bewertung die Investition in deutsche Immobilienaktien nahe legt, wird das Stockpicking weiterhin nötig sein. Denn in den vergangenen Jahren haben sich stabile Geschäftsmodelle durchgesetzt.

Ob sich ein Investment lohnt, sollte ein Investor anhand von drei Variablen prüfen:

  • sichere Finanzierung,
  • nachhaltige FFO-Rendite (Funds from Operations),
  • Abschlag zum NAV (Net Asset Value).
Quelle: Bankhaus Lampe Research, FactSet

Finanzierung

Bei der Überprüfung der Finanzierung der betreffenden Gesellschaft sollte auf den LTV (Loan to Value) und die Fälligkeitsstruktur der Kredite geachtet werden.

Der LTV ist ein Indiz für die Verschuldung des Unternehmens und gibt das Verhältnis zwischen Krediten und Werten wieder. Je niedriger dieser Wert ist, desto geringer ist das finanzielle Risiko, welches eine Gesellschaft grundsätzlich eingeht. Je höher der LTV ausfällt, desto geringer ist aktuell die Bereitschaft der Banken, auslaufende Kredite zu günstigen Konditionen zu refinanzieren. Aus unserer Sicht ist ein LTV von bis zu ca. 60% als unproblematisch anzusehen.

Bei der Fälligkeitsstruktur der Kredite sollte man darauf achten, dass nicht zu viele Kredite bzw. zu hohe Kreditbeträge gleichzeitig auslaufen. Denn dann ist das Risiko groß, dass sich das jeweilige Unternehmen nur zu ungünstigen Konditionen oder gar nicht refinanzieren kann. Beides könnte sich negativ auf die Cashflows und damit auf den Aktienkurs auswirken.

Quelle: Bankhaus Lampe Research, FactSet

FFO ist wichtig für die Dividende

Als bedeutende operative Kennzahl sehen wir im aktuellen Kapitalmarktumfeld die FFO, die Cashflows aus einer Immobilie widerspiegelt und eine Voraussetzung für Dividendenzahlungen darstellt. Um verschiedene Unternehmen zu vergleichen, ist die FFO-Rendite entscheidend. Diese liegt besonders bei Immobilienwerten mit hohen Abschlägen zum NAV im zweistelligen Bereich.

 NAV steht weniger im Fokus

Der Abschlag zum NAV scheint dagegen bei einigen Marktteilnehmern an Wichtigkeit zu verlieren. Um in einfache und profitable Geschäftsmodelle zu investieren, nehmen viele Marktteilnehmer auch Aufschläge zum NAV in Kauf. Die größte Schwachstelle des NAV ist dessen Berechnung. Der NAV basiert auf Bewertungen von Wirtschaftsprüfern. Für den Fall, dass eine Immobiliengesellschaft unter Druck verkaufen muss, ist es unwahrscheinlich, dass die angegebenen Preise erzielt werden. Damit ist der NAV mit Vorsicht zu genießen.

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