Bildnachweis: Circus SE.

Das Hamburger Technologieunternehmen Circus SE (www.circus-group.com/Xetra: CA1.DE) will nicht weniger als die globale Food-Service-Industrie revolutionieren. Das Unternehmen hat eigenen Angaben zufolge nicht nur eine eigene Technologie auf Basis von Künstlicher Intelligenz entwickelt, sondern im vergangenen Sommer auch den Münchener Robotikhersteller Aitme übernommen. Seit wenigen Wochen ist Circus an der Börse gelistet (Marktkapitalisierung rund 240 Mio. EUR). GoingPublic sprach mit Gründer und CEO Nikolas Bullwinkel über das Geschäftsmodell und die Zukunft des im m:access der Börse München gelisteten Unternehmens.

Circus SE: Handelsaufnahme in Frankfurt | GoingPublic.de

GoingPublic: Herr Bullwinkel, Sie verfügen bereits über einige Jahre Erfahrung in der Branche und waren zuletzt auch als Mitgründer am führenden Lieferservice Flink beteiligt, der zum Markthoch 2022 mit weit über vier Milliarden Euro bewertet wurde. Was hat Sie dazu bewegt, direkt im Anschluss ein weiteres Unternehmen zu gründen?

Nikolas Bullwinkel: Die Motivation zum Start von Circus kam mit der Erkenntnis, dass der Bereich Food-Service über Jahrzehnte oder eigentlich sogar Jahrhunderte kaum Innovationen gesehen hat und hier ein überwältigendes Potenzial für den Einsatz neuer Technologien schlummert. Mit 2,6 Billionen USD Marktvolumen gehört der Food-Service-Sektor zu den größten Branchen der Welt – obwohl er praktisch seit der Einführung von Gas- und Stromherden keine umwälzende Innovation erfahren hat. Wenn Sie sich vor Augen führen, wie sehr die Abläufe in Restaurants dem gleichen, was vor 100 Jahren schon als Spitzentechnologie galt, dann bekommen Sie ein Gefühl für das Potenzial unseres Ansatzes. Wenn sich heute jemand irgendwo auf der Welt eine Pasta bestellt, werden in der Küche Nudeln per Hand in einen Topf kochendes Wasser gegeben und parallel eine Sauce zubereitet. Völlig absurd, wenn man bedenkt, welche Innovationssprünge wir in anderen Branchen und Industrien in den vergangenen Jahren erlebt haben.

GoingPublic: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Robotern ist zumindest in dieser Branche ungewöhnlich. Welchen Mehrwert versprechen Sie sich vom Einsatz dieser Technologien?

Bullwinkel: Echte Innovation gab es in unserer Branche schon lange nicht mehr. Stattdessen sind die Preise für Produktion konstant gestiegen und wurden an Endkunden weitergegeben, während die Qualität des Angebots gelitten hat. Das ändern wir jetzt. Mit Circus digitalisieren und automatisieren wir die komplette Wertschöpfungskette bei der Zubereitung von Speisen, von der KI-gesteuerten Rezepterstellung bis zur autonomen Zubereitung und Automatisierung der Lieferkette. Damit können wir die ganze Branche auf ein neues Level heben und lösen uns auch von der globalen Problematik fehlender Fachkräfte in unserer Industrie.

GoingPublic: Wie genau funktioniert Ihr Modell?

Bullwinkel: Unser Ansatz besteht aus zwei Säulen: dem selbst entwickelten Betriebssystem CircusOS sowie KI-betriebenen Robotiklösungen. CircusOS macht den Kern unseres operativen Betriebes aus und gewährleistet stets volle Kontrolle und Übersicht über alle Küchenprozesse, intelligentes Bestell- und Prozessmanagement und ermöglicht die Qualitätskontrolle bei der Übergabe an Lieferservices oder direkt an unsere Kunden.

Wir wollen in Zukunft mehr als 90 Prozent aller Aufgaben innerhalb der Lieferkette durch Künstliche Intelligenz optimieren, was uns einen immensen Wettbewerbsvorteil verschafft. Die Entwicklung unseres Roboters ist bereits weit vorangeschritten: Das aktuelle Modell der ersten Generation kann auf gerade mal acht Quadratmetern bis zu 70 Gerichte pro Stunde zubereiten. Wir arbeiten bereits an der zweiten Generation, für die noch in diesem Jahr der Testbetrieb starten wird. Es ist uns gelungen, die Herstellungskosten dieses neuen Roboters um die Hälfte auf nur 150 TEUR zu reduzieren und den Output auf 120 Gerichte pro Stunde anzuheben.

GoingPublic: In welcher Phase der Unternehmensentwicklung befindet Circus sich gerade?

Bullwinkel: In den vergangenen zwei Jahren haben wir unsere Technologie kontinuierlich weiterentwickelt. Das Ergebnis ist eine Software-Plattform, die es uns ermöglicht, verschiedene Gastronomiekonzepte effizient zu skalieren und zu managen. Vor kurzem haben wir unser erstes Konzept gelauncht, das über unser CircusOS betrieben wird: Pazza Pasta. Wir testen das Konzept gerade an drei firmeneigenen Test-Standorten in Hamburg und Köln und sammeln so wertvolle Daten, die es uns ermöglichen, die Software unter echten Marktbedingungen zu optimieren. Pazza Pasta zeigt auf beeindruckende Weise, wie flexibel und skalierbar CircusOS über eine Vielzahl von Marken und gastronomischen Konzepten hinweg ist und wie alle Prozesse damit gesteuert werden können.

Momentan betreiben wir Pazza Pasta mit einer teilautomatisierten Konfiguration von CircusOS, in der gastronomisches Personal digital angeleitet und geschult wird. Dabei wird jeder Aspekt der Küchen- und Serviceabläufe optimiert. Im nächsten Schritt werden wir die unternehmenseigene Robotertechnologie voll integrieren, so dass alle betrieblichen Abläufe – vom Bestandsmanagement bis zur Übergabe – komplett autonom ablaufen können. Das macht eine vollautomatisierte Küche möglich. Diese fortschrittliche Technik erlaubt es uns, hochwertige Speisen zu niedrigen Preisen anzubieten und damit einen völlig neuen Standard in unserer Branche zu setzen.