In Zeiten politischer Spannungen, wie z.B. jüngst die Wahlen in Frankreich, lassen sich oftmals auch Schwankungen an der Börse erkennen – jedoch meist sehr kurzfristig (siehe Brexit). Nicht zuletzt greift deshalb hier die alte Börsenweisheit: „Politische Börsen haben kurze Beine“.  Laut einer aktuellen DVFA-Umfrage halten 63% der Finanzprofis diese Weisheit auch in der heutigen Zeit für richtig.

Ganze 29% der Befragten kommen aber zu einer anderen Einschätzung. Dass Politik generell einen stärkeren Einfluss auf die Kapitalmärkte hat als zuvor – dieser Aussage stimmen 59% der Befragten zu. Bei vielen habe sich diese Erkenntnis auch ganz konkret auf ihre Arbeit ausgewirkt: Mehr als die Hälfte der Analysten, Fondsmanager und Banker geben zu Protokoll, dass der Einfluss politischer Entwicklungen auf ihre Investmententscheidungen größer geworden ist. Schließlich gehe es in der politischen Debatte um extremere Positionen und damit auch um möglicherweise gravierendere Veränderungen (56%).

Den stärkeren Einfluss der Politik auf die Kapitalmärkte begründen die Befragten laut Analyse auch mit dem „asymmetrischen Risiko“: Ereignisse, die zwar relativ unwahrscheinlich sind, aber dramatische Folgen hätten, könnten von den Kapitalmärkten nur schwer bewertet werden – dieser Meinung sind 44% der Professionals. Dass durch populistische Strömungen die politische „Mitte“ verloren gehe und damit der politische Prozess unberechenbarer werde, sehen ebenfalls 44% als Grund.

Die Angst vor populistischen Strömungen ist unter den Investment Professionals weit verbreitet: 80% sehen die Gefahr, dass sie für „Disruption“ in Europa sorgen. Dabei wird das Risiko, dass die EU auseinanderbrechen könnten, von etwa der Hälfte der Befragten als das größte bewertet. Auch die Beschränkung des Freihandels macht Sorge – 45% sehen sie als größtes Risiko. Nur 13% hingegen halten den Konflikt zwischen den USA und Nordkorea für das größte Risiko.

„Langfristig orientierte Anleger müssen sich darauf einstellen, dass gemäßigte politische Kräfte weiterhin unter starkem Druck stehen und grundsätzliche Kursänderungen à la Brexit und Trump jederzeit möglich sind und die Kapitalmärkte beeinflussen können. Szenarioanalysen werden für Investoren immer wichtiger“, erklärt DVFA-Vorstandsvorsitzender Stefan Bielmeier.

Hinweis von der DVFA: Die Umfrage wurde vor der gestrigen Stichwahl zur Präsidentschaft in Frankreich und der Landtagswahl in Schleswig-Holstein durchgeführt.

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