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Stetiges Wachstum als Ziel: Jahr für Jahr

Feiler fasst die Lage zusammen: „Von allen Beteiligten ist Durchhaltevermögen gefragt. Viele Stellschrauben müssen gedreht werden. Es ist nicht damit getan, an einer Position isoliert etwas zu verbessern. Letztlich muss sehr viel passieren.“ An den unterschiedlichen Bereichen, so der Geschäftsführer der Börse München, arbeiteten aber alle eifrig: Banken, Emissionsbegleiter, Berater und Börsen. „Wir tun, was wir können, um den Primärmarkt lebendiger zu machen.“ Die nötige Unterstützung der Politik oder aber deren Fehlen bleiben unerwähnt. Dass 2021 der „Big Bang“ passiere, sei aber dennoch unwahrscheinlich: „Wir sollten uns über jede erfolgreiche Transaktion freuen. Wenn Jahr für Jahr stetiges Wachstum zu beobachten ist, können wir zufrieden sein“, fügt Feiler hinzu.

Das führt zurück zur Eingangsfrage: Wird 2021 endlich das Jahr, in dem sich zumindest wieder mehr Unicorns aufs Parkett wagen? Hinz ist grundsätzlich positiv gestimmt: „AUTO1 hat uns ja bereits beglückt, ein deutsches Einhorn, das man durchaus unterstützen kann.“ Der Aufbau der Plattform sei eine „tolle unternehmerische Leistung“, die sich auch am Kapitalmarkt wiederfinden sollte. Zudem, so Hinz, gebe es weitere deutsche Unicorns, die es auf Basis der aktuellen Bewertungsniveaus spannend finden dürften, an den Markt zu gehen. „AUTO1 steht in Deutschland an der richtigen Stelle. Das gilt auch für ABOUT YOU und andere Onlineplattformen.“ Anders sehe es hingegen im Biotechbereich aus: „Da wird es wohl eher wieder in die USA gehen.“

Kinsky macht den Erfolg des IPO-Jahres 2021 auch von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung abhängig: „Wenn Corona keine weiteren Kerben in die Wirtschaft schlägt, die auch die Börsen fallen lassen, werden wir 2021 mehr IPOs sehen.“ Etliche Unternehmen, so der Berater, arbeiteten am Börsengang: „ABOUT YOU, SUSE, Mister Spex – das sind nur einige Namen, von denen man hört, dass sie es versuchen könnten.“ Feiler von der Börse München nennt ebenfalls die üblichen Verdächtigen. Er konzentriert sich allerdings lieber auf Emissionen im eigenen Port folio: Auch an der Bayerischen Börse steht das erste IPO des Jahres an – die International School Augsburg plant den Börsengang und das Listing in m:access.

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Fazit

Look and see her, how she sparkles, it’s the last unicorn, I’m alive – anders als im Song von America müssen wir in Deutschland noch nicht auf das letzte Einhorn zählen. Die gute Nachricht: Es tummeln sich mehrere der possierlichen Tierchen in der Start-up-Sphäre der Bundesrepublik. Die schlechte Nachricht: Die meisten erweisen sich noch als ziemlich scheu. 2021 bietet allerdings die Voraussetzungen, um die Unicorns hervorzulocken. Die Aktienmärkte haben sich entgegen der Wirtschaft mehr als nur erholt, die Liquidität im Markt ist riesig. In Expertenkreisen wird, wie eingangs erwähnt, von einer „Welle“ gesprochen, die auf den Kapitalmarkt zukommt. Man sieht am Erfolg von AUTO1, dass der Börsengang für Techplattformen der richtige Weg sein kann, schnell viel Geld einzusammeln. Man sieht am Beispiel AUTO1, dass es Investoren gibt, die bereit sind, hohe Bewertungen zu zahlen. Vom Esprit der AUTO1-Gründer werden sich andere inspirieren lassen.

Insider gehen davon aus, dass vor allem Start-ups aus den Bereichen Software as a Service oder Internet-Marktplätze das IPO angehen werden. Weiter heißt es in informierten Kreisen: „Es ist Wahnsinn, wie viele Unternehmen sich IPO-ready machen.“ Abseits der Herde der Unicorns wird Vantage Towers mit großer Wahrscheinlichkeit den Anfang machen, SYNLAB vermutlich schnell folgen. Und laut Kreisen stehen eben auch bei ABOUT YOU die Zeichen bereits sehr konkret auf Börsengang. Übrigens: Auch der Name Personio fällt bei informierten Experten immer wieder – Renners IPO ist vielleicht schon konkreter, als er selbst es darstellt.

Dazu kommen die Unternehmen, die in diesem Jahr den Weg an die Nasdaq oder andere Auslandsbörsen wagen werden. Kritikern eines US-Sprungs sei gesagt: Wie Jeggle vom Family Office der Strüngmann- Brüder erklärt, ist es nach dem Listing in den USA meist nur eine Frage der Zeit, bis auch in Europa die Notierung folgt. Und: Ein weiteres deutsches Start-up am Kapitalmarkt ist generell ein Erfolg für die Bundesrepublik und die Kapitalmarktkultur, unabhängig davon, wo das IPO durchgeführt wird.

Ob man es zudem zum Problem stilisieren will, wenn Geldgeber für hiesige IPOs aus dem Ausland stammen, lässt sich in diesem Zusammenhang ebenfalls anzweifeln oder zumindest ergebnisoffen diskutieren. Vielleicht sollte sich der Finanzminister eine erste Aktie kaufen, bevor er abschließend urteilt. Man munkelt, es gebe einige vielversprechende Unternehmen, noch scheue Einhörner, die bald als Einsteigerinvestition infrage kommen.

Autor/Autorin

Isabella-Alessa Bauer