Leerverkäufer sind böse, denn sie wetten auf fallende Kurse. Wer mag schon fallende Kurse, wenn man nicht gerade Shorty ist? Eben. Daher sind Leerverkäufer die idealen Buhmänner. Eine verdammt verlockende Situation für Finanz-Aufsichtsbehörden. Massive Short-Attacken könnten den Bestand von Finanz-Unternehmen gefährden, hieß es. Also verbieten. Der Mainstream allerorten applaudierte. Was seinerzeit allerdings schon allen Profis klar war: Nicht Shortys, nicht Kurskapriolen gefährdeten den Bestand der Banken. Sondern eine Mesalliance aus Gier und Unprofessionalität, die Banken gefährdeten sich in allererster Linie selbst. Es ging mit dem Shortselling-Verbot nur darum, etwas Zeit zu schinden.

Shortselling ist ein Markt-Regulativ, das Fantasiebewertungen minimiert. Heute, nach dem Multi-Multi-Multi-Milliarden Paket von Tim Geithner ist dem letzten Zweifler klar: Schon damals, im Herbst 2008, lag der reelle, tatsächliche Wert der ganz überwiegenden Anzahl der Banken auf diesem Planeten bei null. Ohne die globalen Stützungsmaßnahmen wären sie eingedenk enger Verflechtungen wie Dominosteine gekippt. Oder anders ausgedrückt: Die hie und da angedachten Kapitalerhöhungen durch allgemeine Angebote, dank des langsameren Kursverfalls durch das Shortselling-Verbot eventuell noch möglich (hier sind nicht die Großinvestoren gemeint, die Einblick in die Bücher erhalten), wären im Grunde und zumindest moralisch nichts anderes als gefühlter Anlagenbetrug gewesen: Geld für Anteile an etwas Wertlosem einnehmen.

Wenn es jetzt heißt „den Märkten müssen engere Leitplanken gesetzt werden, es darf keine unregulierten Bereiche geben, Manager müssen strikte Regelungen akzeptieren“, dann sind diese Forderungen allesamt richtig. Aber es bleibt das flaue Gefühl: Mit den Aufsichtsbehörden jetziger Prägung wird das wohl kein großer Wurf werden. Gerade die Sache mit dem Shortselling-Verbot zeigt: Häufig stehen gerade die Aufseher in Shorts da. Sozusagen.

Stefan Preuß

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