Dr. Martin Steinbach
Dr. Martin Steinbach, EY

Das Primärmarktjahr 2015 zeigt, wie vernetzt die Primärmarkte sind und das weltweite IPO-Sentiment bestimmen. Ereignisse, die die Märkte, Börsenkandidaten und ihre IPO-Teams in Atem hielten waren: die Griechenland-Krise, Auswirkungen von Wahlen in der EU, die Geldpolitik der EZB und anderer Zentralbanken mit einer hohen Liquiditätsversorgung in einem historischen Niedrigzinsumfeld, der Rückgang des Ölpreises und des Eurokurses gegenüber dem USD sowie geopolitische Schocks. Trotz der daraus resultierenden hohen Volatilitäten in wichtigen Indizes ging die weltweite IPO-Aktivität nach einem Rekordjahr 2014 nur leicht zurück. So gingen mit 1.218 gut 2% weniger Unternehmen an den Markt als im Vorjahr. Der Rückgang des IPO-Volumens um ein Viertel (ohne Alibaba -17%) fiel mit 195 Mrd. USD jedoch deutlicher aus. Insgesamt zeigen sich aber sehr unterschiedliche Entwicklungen und Trends in den drei wichtigen Primärmärkten Asien, Europa und USA.

Asien und Europa dominieren

Die stärkste IPO-Aktivität verzeichnete der asiatische Primärmarkt mit einem Anteil von 55% aller IPOs, gefolgt von Europa mit gut 28%. Dagegen positionierte sich der amerikanische Markt mit 17% aller IPOs im weltweiten Vergleich auf dem dritten Rang mit einem deutlichen Rückgang der Börsengänge um 41%. Die globalen Wachstumsmärkte vereinten 55% des IPO-Volumens auf sich und nahmen die Führungsrolle gegenüber den entwickelten Märkten ein. Vor allem an den Börsen in Hongkong und Shanghai wurden hohe Volumina von über 51 Mrd. USD erlöst – gegenüber NYSE und NASDAQ mit rund 33 Mrd. USD.

Europa konnte die IPO-Bilanz mit einem Plus von 3% mit 204 Transaktionen in den Hauptmärkten gegenüber dem Vorjahr verbessern. Dagegen sank die Zahl in den sogenannten Juniormärkten um 15% auf 142 Börsengängen. Aktivste Börsen waren LSE, Euronext, NASDAQ OMX und die Deutsche Börse. Mit Aena, ABN, Worldpay, Poste Italiane, Sunrise, Cellnex, Auto Trader und Amundi waren acht europäische IPOs in den Global Top 20 vertreten. 

Asien-Pazifik-Raum an der Spitze der Rangliste. Quelle: EY
Asien-Pazifik-Raum an der Spitze der Rangliste. Quelle: EY

Deutschland auf Acht-Jahres-Hoch

Innerhalb Europas erwies sich in diesem Jahr trotz einiger Rückschläge vor allem Deutschland als dynamischer IPO-Standort: Hierzulande wagten 15 Unternehmen den Gang an die Börse (Vorjahr: elf) und erlösten dabei 7,1 Mrd. EUR – mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr (3,4 Mrd. EUR). Die IPO-Fenster waren 2015 jeweils nur kurz geöffnet. Etliche Börsengänge verliefen weniger reibungslos als von den Emittenten geplant, einige Börsenaspiranten mussten Abstriche beim Emissionsvolumen machen. Unterm Strich war 2015 ein gutes IPO-Jahr: Immerhin gab es sechs Börsengänge mit einem Volumen von über 500 Mio. EUR. Mit dem Covestro-IPO gelang zudem der größte Börsengang in Deutschland seit 2007 – damals erlöste  der Motorenbauer Tognum 2 Mrd. EUR. Deutschland hat sich damit als lebendiger IPO-Standort auf internationaler Bühne zurückgemeldet – das Emissionsvolumen lag hierzulande in diesem Jahr etwa auf dem Niveau der Boom-Jahre 2006 und 2007 – obwohl die Rahmenbedingungen aufgrund der hohen Volatilität, der Griechenland-Krise und der Börsenturbulenzen in China durchaus schwierig waren.

Größere Transaktionen – Rekordniveau der PE-IPO Exits

Der Trend zu größeren Transaktionen hielt in Europa bei einem Median von 95 Mio. USD weiter an. Zugleich fallen in den USA die durchschnittlichen Transaktionsgrößen seit fünf Jahren auf nunmehr 103 Mio. USD und gleichen sich dem europäischen Niveau an.

Exits von Private Equity waren wieder wichtige Quellen von Börsengängen: 18% aller IPOs trugen mit einem Anteil von 34% am IPO-Volumen zur weltweiten IPO-Bilanz bei. In Europa war Private Equity mit 70 IPO-Exits bei einem Anteil von 20% und einem Volumen von 45% aktiver als der globale Durchschnitt. Der Exit-Weg IPO gewinnt im Vergleich zu M&A oder Trade Sale zunehmend an Attraktivität. Der Börsengang (63 Transaktionen) liegt mit rund 14% aller Exits von Private Equity auf einem Zehn-Jahres-Rekordniveau.