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Hauptversammlungen sind nicht nur ein wichtiger Termin im Kalender jeder Aktiengesellschaft, sondern auch eine ideale Gelegenheit, die Beziehung zu den Aktionären zu stärken. Doch wie können Unternehmen ihre Aktionäre effizient und zeitgemäß erreichen, ohne aufwändige und teure Papierprozesse? Die Antwort liegt in der Digitalisierung der Aktionärskommunikation.
Mit der Einführung des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) hat sich hier ein enormes Potenzial eröffnet. Dank neuer rechtlicher Rahmenbedingungen können Aktiengesellschaften durch die Verpflichtung für Depotbanken, im Rahmen der Mitteilungspflichten auch die elektronischen Adressen zu übermitteln, nun deutlich einfacher und kostengünstiger über E-Mail kommunizieren – ein Vorteil, der Ressourcen spart. Dieser Artikel beleuchtet die aktuelle Entwicklung, die rechtlichen Grundlagen und zeigt auf, wie Unternehmen durch die Kombination von Maßnahmen wie der Widerspruchslösung und dem Versand von Begrüßungs-E-Mails ihre E-Mail-Quote weiter erhöhen können.
Der aktuelle Stand: E-Mail-Adressen im Aktienregister
Bisher war der Versand von HV-Einladungen per E-Mail bei Namensaktien nur möglich, wenn die Aktionäre ausdrücklich ihre Zustimmung zur Nutzung ihrer E-Mail-Adressen erteilt hatten. Diese Adressen waren kein fester Bestandteil der Daten im Aktienregister und mussten aktiv durch die Gesellschaften angefragt werden – oft durch Anreizsysteme wie Gewinnspiele. Mit ARUG II hat sich dies grundlegend geändert: Nach § 67 Abs. 1 Aktiengesetz müssen Aktienregister nun neben der Postanschrift auch die elektronische Adresse der Aktionäre führen. Banken sind nach geltendem Recht verpflichtet, die E-Mail-Adressen der Aktionäre an das Aktienregister weiterzugeben. Viele Banken haben bereits damit begonnen, die E-Mail-Adressen regelmäßig zu übermitteln. Allerdings liefern noch nicht alle Banken diese Daten vollständig, was den Ausbau der digitalen Kommunikation weiterhin verlangsamt. Hier besteht noch Verbesserungsbedarf, um eine flächendeckende Digitalisierung der Aktionärskommunikation sicherzustellen.
Widerspruchslösung als Erfolgsmodell
Eine der effektivsten Möglichkeiten, die E-Mail-Quote zu steigern, ist die sogenannte Widerspruchslösung. Diese basiert auf § 49 Abs. 3 1 d des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und erlaubt es Unternehmen, die E-Mail-Adressen der Aktionäre aus dem Aktienregister für die HV-Einladungen zu nutzen, ohne dass eine aktive Zustimmung erforderlich ist. Stattdessen wird den Aktionären die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer angemessenen Frist (in der Regel zwei bis vier Wochen) dem elektronischen Versand zu widersprechen. Bleibt ein solcher Widerspruch aus, gilt die Zustimmung als erteilt.
In der Praxis hat sich dieses Verfahren als äußerst effektiv erwiesen. Die Reaktionen der Aktionäre sind überwiegend positiv, und die Widerspruchsquoten liegen meist unter drei Prozent der angeschriebenen Aktionäre. Dieser Ansatz bietet eine aktionärsfreundliche und zugleich kosteneffiziente Möglichkeit, den digitalen Einladungsversand auszubauen. Zudem ermöglicht es den Unternehmen, ihre Aktionäre schneller und direkter zu informieren, was die Teilnahme an der Hauptversammlung erleichtert.
Aktionärskommunikation weiter ausbauen durch Begrüßungs-E-Mails
Ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Aktionärskommunikation ist der Versand von Begrüßungs-E-Mails an Neuaktionäre. Diese können direkt nach der Eintragung in das Aktienregister erfolgen und nicht nur über die zukünftige Nutzung der E-Mail-Adresse für HV-Einladungen informieren, sondern auch wichtige Unternehmensinformationen enthalten. Die frühzeitige Kontaktaufnahme stärkt die Beziehung zwischen Unternehmen und Aktionären und schafft eine vertrauensvolle Grundlage für die langfristige Zusammenarbeit.
Integration der Widerspruchslösung in Begrüßungs-E-Mails
Um die E-Mail-Quote weiter zu erhöhen, sollte die Begrüßungs-E-Mail nicht nur als freundlicher Willkommensgruß dienen, sondern auch gezielt die Zustimmung zur elektronischen Kommunikation einholen. Dies kann durch die Integration der Widerspruchslösung effektiv umgesetzt werden. In der Begrüßungs-E-Mail kann den Neuaktionären transparent erläutert werden, dass ihre E-Mail-Adresse für die zukünftige Zusendung von HV-Einladungen genutzt werden soll, sofern kein Widerspruch innerhalb einer festgelegten Frist erfolgt. Dies schafft frühzeitige Klarheit und reduziert den administrativen Aufwand für spätere Einwilligungen.
Vorteile für Neuaktionäre
- Frühe Einbindung und „Willkommensgefühl“ zur Stärkung der Bindung zum Unternehmen
- Mitteilung der Aktionärsnummer für den zukünftigen Kontakt zum Unternehmen, z.B. bei Anrufen an der Hotline
- Informationen über die Nutzung der E-Mail-Adresse mit integrierter Widerspruchslösung
- zusätzliche Anmeldung zum Newsletter-Versand
- Zugang zum Aktionärsportal
- Direkter Zugriff auf aktuelle Finanzberichte und relevante Unternehmenskennzahlen
- Verlinkungen zu Apps und Unternehmenswebseiten
Vorteile für die Gesellschaft
- Förderung einer langfristigen, digitalen Kommunikation, die kostengünstiger und direkter ist
- Frühzeitige Zustimmung zum E-Mail-Versand der Hauptversammlungseinladung durch integrierte Widerspruchslösung in der Begrüßungs-E-Mail
- Möglichkeit, zusätzliche Services und digitale Angebote direkt vorzustellen. Selektion von Informationen an Aktionäre (länderspezifische Aktionärsinformationen)
- Reduzierung von Druck- und Versandkosten durch die Umstellung auf digitale Kommunikation
- Zustimmung zum Newsletter-Versand an Aktionäre, oder andere Informationen
- Erhöhung des Aktionärsengagements durch frühzeitige Integration
Fazit: Digitalisierung konsequent weiterführen
Begrüßungs-E-Mails und Widerspruchslösungen sind ein starkes Duo für die digitale Transformation der Aktionärskommunikation. Durch diese Maßnahmen können Unternehmen nicht nur die E-Mail-Quote erheblich steigern und dadurch Kosten sparen, sondern auch frühzeitig eine direkte, digitale Beziehung zu ihren Aktionären aufbauen. Dies spart nicht nur Ressourcen, sondern schafft eine moderne und effiziente Kommunikationsbasis, die den Erwartungen moderner Aktionäre gerecht wird.
Eine gezielte Begrüßung neuer Aktionäre legt den Grundstein für eine langfristige, digitale Aktionärsbeziehung. Sie stärkt das Zugehörigkeitsgefühl und schafft frühzeitig Klarheit über die zukünftige Kommunikation. Gleichzeitig können Unternehmen ihre digitalen Angebote vorstellen, welche für die Aktionäre einen direkten Mehrwert bieten.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bleibt jedoch die kontinuierliche Verbesserung der Datengrundlage. Noch liefern nicht alle Banken die E-Mail-Adressen ihrer Aktionäre an die Aktienregister, was den Ausbau der digitalen Kommunikation weiterhin bremst. Eine umfassendere Beteiligung der Banken würde nicht nur die Effizienz der Aktionärskommunikation erhöhen, sondern auch die Digitalisierung insgesamt weiter vorantreiben.
Langfristig profitieren Aktionäre und die Gesellschaften von dieser transparenten und direkten Kommunikation – nach dem Motto „Vom ersten Klick an dabei“.
Autor/Autorin
Stefanie Schmid-Kölbl
Stefanie Schmid-Kölbl verstärkt seit 2023 das Team von ADEUS als Projektleiterin. In ihrer Rolle betreut sie ganzjährig Emittenten in den Bereichen Aktienregister und Hauptversammlung. Ein besonderer Fokus ihrer Arbeit liegt auf der Optimierung der Aktionärskommunikation – mit dem Ziel, durch gezielte Maßnahmen die E-Mail-Quote nachhaltig zu steigern.