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Schriftzug 25-Jahre GoingPublic Magazin
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Die viel beschworene Energiewende muss her, und zwar möglichst von zwölf auf Mittag, quasi unverzüglich. Das kann auch ein Brennstoffzellenspezialist nicht leisten – wohl aber einen wichtigen Baustein in der Infrastruktur bilden. Ein Gespräch über die Erfahrungen aus 15 Jahren Kapitalmarktpräsenz.

GoingPublic: Herr Dr. Podesser, was macht SFC Energy? Auch für Nicht-Fachleute, bitte.

Dr. Podesser: Die SFC ist einer der Pioniere der Brennstoffzellentechnologie. Wir produzieren dort elektrische Energie, wo keine oder nur eine unzuverlässige Netzversorgung besteht. Dafür nehmen wir entweder Methanol als Wasserstoffträger oder direkt Wasserstoff und setzen diese ohne Emissionen höchst effizient in elektrische Energie um. Das Hauptgeschäft heute ist die industrielle Stromversorgung überall dort, wo es darum geht, den klassischen und schmutzigen Dieselgenerator zu ersetzen.

GoingPublic: SFC Energy ist seit 2007 an der Börse notiert – fast wie die GoingPublic Media AG, die im Dezember 25-jähriges Bestehen des Magazins feiert und Ende 2006 an die Börse ging. Was verbinden Sie mit dieser Zeit, was mit den Vor- und ggf. Nachteilen einer Kapitalmarktpräsenz?

Dr. Peter Podesser ist seit 2006 Vorstandsvorsitzender/CEO der SFC Energy AG. Er verantwortet das Segment Clean Energy und die funktionalen Bereiche Strategie, HR, PR, Sales & Marketing, R&D, Investor Relations and ESG, Purchasing.

Dr. Podesser: Richtig, wir waren damals sehr früh dran mit unserem Gang an den Kapitalmarkt – übrigens das vorletzte IPO vor der Finanzkrise, die 2007 vom Zaun brach … Insofern sind wir einer der wenigen Überlebenden mit Brennstoffzellen-Hintergrund aus dieser Zeit. Die Brennstoffzelle war in diesem Zeitraum die meiste Zeit eine Nischentechnologie. Die Technologie hat auch vor 15 Jahren schon gut und zuverlässig funktioniert. Was sich jetzt aber diametral geändert hat, ist das makroökonomische Umfeld: Es ist zu einer gesellschaftlichen Priorität geworden – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit –, den Klimawandel zu verlangsamen. Und dafür müssen wir die Energieerzeugung umstellen. Es ist mittlerweile gesellschaftlicher Konsens, dass wir mehr Wind-, Sonnen- und Wasserkraft benötigen – aber dann muss dieser saubere Strom auch dorthin kommen, wo er benötigt wird, und wieder in elektrische Energie umgewandelt werden. Hier ist die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik ein essenzielles Element der Energiewende.

GoingPublic: Wir haben doch damals auch ein Gespräch geführt.

Dr. Podesser: Ja, ich erinnere mich gut. Unser IPO 2007 kam rückblickend betrachtet zu früh: Nicht nur, dass unser Geschäftsmodell seinerzeit noch etwas unreif war, hinzu kamen auch noch die umfangreichen Berichtspflichten – eine Verschiebung eines Auftrags und schon brach der Investorensturm los. Das würden wir heute wohl anders machen. Unseres VC-Investoren haben mit ihren Erwartungen maßgeblich den Zeitplan bestimmt. Zugleich hatte das aber den Vorteil, dass wir mit dem Börsengang für das nächste Jahrzehnt solide aufgestellt und durchfinanziert waren, um das Unternehmen weiterzuentwickeln.

GoingPublic: Die gesellschaftliche Erkenntnis einer notwendigen Energiewende musste offenbar lange reifen und es brauchte einen Krieg innerhalb Europas.

Dr. Podesser: Es geht inzwischen um Unmittelbarkeit: Möglichst alles muss nun sofort oder zumindest rasch verfügbar sein. Die Energiewende und auch das geopolitische Umfeld wirken darauf ein. Natürlich profitiert davon die SFC Energy seit einiger Zeit. Ich komme gerade vom Eigenkapitalforum in Frankfurt – wir waren komplett ausgebucht mit Terminen vor Ort. Ich kann mich an Jahre erinnern, als ich bei solchen Konferenzen lediglich zwei Termine hatte.

Quelle: stock3 AG

GoingPublic: Werden mit Blick auf die viel beschworene Energiewende die Weichen Ihrer Meinung nach aktuell richtig gestellt?

Dr. Podesser: Die Weichenstellung passt meines Erachtens – nicht aber die Erwartungshaltung. Wir sprechen hierbei immerhin über Umstellungszeiten von vielleicht bis zu zehn Jahren. Insofern wird es erst noch Ernüchterungen geben. Uns an den langfristigen politisch vorgegebenen Zielen auszurichten, können wir uns weiterhin nicht erlauben – wir müssen heute bereits Lösungen dort haben, wo mobile und saubere Energie benötigt wird, z.B. bei der Notstromversorgung von 5G- und 6G-Masten, um nur ein konkretes Beispiel zu nennen. Dieselgeneratoren lassen sich durch Brennstoffzellen ersetzen, um saubere und regenerative Energie zu produzieren. In Kalifornien wird in drei Jahren die Aufstellung von Dieselgeneratoren untersagt sein – so schnell sehen wir das in Deutschland noch nicht!

GoingPublic: Wo weht denn aktuell der größte Rückenwind für Brennstoffzellen?

Dr. Podesser: Unsere Heimatmärkte sind Europa und Kanada. Für unser Wachstum in den USA und in Indien hatten wir uns im Sommer auch nochmals mit zusätzlichem Kapital ausgestattet. Um aber Ihre Frage nach den größten Wachstumsregionen zu beantworten: in den USA, in Indien sowie im restlichen Asien.

GoingPublic: Nun wurde just vor wenigen Tagen der größte Brennstoffzellenauftrag der Firmengeschichte in den USA erteilt. Wie relevant ist dieser – und wie lange hält solch ein Zwischenrekord?

Dr. Podesser: Wir arbeiten mit unserem Kunden LiveView Technologies bereits seit drei Jahren vertrauensvoll zusammen. Konkret geht es bei diesem 15-Mio.-USD-Auftrag um die Energieversorgung von Überwachungskameras. Aus Nachhaltigkeitsgründen benötigt der Kunde ein neues – und in diesem Fall sogar günstigeres – System, noch dazu ESG-konform. Das ist für uns nicht weniger als ein sogenanntes Leuchtturmprojekt mit einer Strahlkraft für die gesamte Branche. Wenn ich an den Brennstoffzellenbedarf in Asien denke, dann ist im bevölkerungsreichsten Teil der Erde in Zukunft eine ähnliche Größenentwicklung möglich.

GoingPublic: Herr Dr. Podesser, ganz herzlichen Dank an Sie für das Update nach nicht weniger als 15 Jahren!

www.sfc.com

Das Interview führte Falko Bozicevic.

Autor/Autorin

Falko Bozicevic

Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams des GoingPublic Magazins sowie verantwortlich für das Portal BondGuide.