Fußball-Aktien zu besitzen sei in etwa so amüsant wie seine Kreditkarten Ivana Trump zu überlassen, bilanzierte jüngst ein Händler in London, als er den FTSE Soccer-Index betrachtete. Allein in den vergangenen drei Jahren verloren die Kick-Aktien in Großbritannien zwei Drittel ihres ohnehin ausgebombten Wertes. In Italien und bei Borussia Dortmund sieht es nicht gerade besser aus.

Woran liegt’s? An erster Stelle ist das verblüffende Rekrutierungsschema für leitende Positionen zu nennen. Noch immer reicht es aus, gut kicken zu können, um als Manager, Trainer, Sportdirektor, Merchandising-Verantwortlicher oder Chef-Scout geeignet zu erscheinen.

Das mag bei zwei, drei Lichtgestalten funktionieren – doch in der Masse geht diese Annahme fehl. Woher auch sollte ein ehemaliges Kopfball-Ungeheuer die Kenntnisse haben, die andere nach Studium, Auslandsaufenthalt, Trainee-Programm und MBA-Zusatzqualifikation besitzen? Die Fußball-Clubs brauchen viel mehr betriebswirtschaft- und sportwissenschaftlichen Sachverstand, als sie auch nur im entferntesten ahnen. Eine Folge dieses ungenügenden Management-Levels: Es werden zumeist emotionale Entscheidungen getroffen. Und diese überwiegend zum falschen Zeitpunkt.

Ansonsten gilt: Wer in einer Fußball-Liga spielt, braucht keine Feinde mehr. Jean-Paul Sartre sagte einst, Fußball sei ein einfaches Spiel, nur die Anwesenheit des  Gegners verkompliziere die Sache ungemein. Die Clubs in Europa benötigen noch nicht einmal Gegner wie die EU-Kommission: Gerne grätscht man sich unter seinesgleichen in die Hacken. Die Unfähigkeit, gemeinsam Ziele zu verfolgen, kostet viel Geld. Wie sich Schalke-Manager Rudi Assauer aggressiv eine Mannschaft zusammenkaufen will, darf als Paradebeispiel gelten: Einer macht immer die Preise kaputt. Von den Gil y Gils, Stronachs, Abramovichs oder Berlusconis dieser Welt ganz abgesehen.

Daneben gibt es strukturelle Probleme: Es können zum Beispiel nur acht Clubs unter die letzten Acht in der Champions-League kommen. Wenn vier britische, vier spanische, vier italienische, zwei deutsche, drei türkische, zwei niederländische, drei portugiesische und zehn weitere Clubs aus verschiedenen Ländern aber eben genau das als Saisonziel ausgeben, muß es Verlierer geben. Man sollte meinen, diese Erkenntnis sei recht eingängig, doch jedes Jahr gibt es das gleiche Wehklagen über ebenso verpaßte wie fest einkalkulierte Einnahmen.

Und dann sind da noch die Führungsspieler. Auf dem Platz sollen sie Spiele entscheiden, aber hinterher im Interview als Durchschnittsangestellte diplomatische Antworten geben und natürlich auch sonst schön brav sein. Es gehört überhaupt zu den Grundmißverständnissen der Branche, von 25 jungen Männern auf einem Haufen, fern der Heimat und mit viel zu viel Geld in der Tasche zu verlangen, sich immer so zu benehmen, daß es am nächsten Tag nicht in „Bild“, der „Gazzetta dello Sport“ oder dem „Daily Mirror“ steht.

Fazit: Fußball-Aktien sind nicht nur derzeit keine Anlage-Alternative, sondern auf lange Sicht zu vernachlässigen. Dies gilt auch für Anleihen. Nichts deutet darauf hin, daß ein breit angelegter Lernprozeß in der Branche eingesetzt hätte, um den Berg an Problemen abzuarbeiten.

Stefan Preuß

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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