Bedeutung für Big Pharma
Die großen Pharma-Konzerne stehe derweil vor ganz anderen Herausforderungen: Immer schwieriger wird die Einführung neuer und wirkungsvoller Medikamente, zu langwierig und zu teuer sind die Entwicklungszeiten. Wie leicht wäre doch die Recherche in riesigen Datenmengen, beispielsweise von Krebspatienten weltweit. Hochleistungsfähige Computer könnten personalisierte und auf den einzelnen Patienten abgestimmte Medikationen und Dosierungen empfehlen oder gleich die passende Rezeptur für einen neuen Wirkstoff erstellen. Beispiel Krebstherapie: Im Schnitt schlagen nur rund 30% der im Rahmen der Chemotherapie verabreichten Medikamente wirklich an. Mit Hilfe von personalisierten Patientendaten könnte diese Quote wohl deutlich erhöht werden.

Die totale Überwachung von Patienten und Probanden, inklusive deren Umwelt, könnte zudem die Dauer der notwendigen klinischen Studien erheblich verkürzen. Schon arbeiten „Big Pharma“ und IT-Unternehmen Hand in Hand. So haben Pharma-Konzerne wie Roche, Novartis oder Sanofi im vergangenen Jahr Allianzen mit verschiedenen IT-Unternehmen geschlossen. Schwerpunkt der meisten Kollaborationen ist die Bekämpfung der Volkskrankheit Diabetes. Hier ist der Bedarf in den westlichen oder sich entwickelnden Industrienationen in Europa, Nordamerika oder Asien (China) besonders hoch.

Start-ups als Vorreiter
Abseits von Big Pharma profitieren Start-ups vom Big Data-Trend. Davon zeugen immer größer werdende Finanzierungsrunden ebenso wie auf Health-Themen spezialisierte VC-Fonds wie XL Health oder Digital Health Ventures, die neben anderen VC-Gesellschaften, zum Beispiel Peppermint oder Creathor, ein ganzes Portfolio an Health-Start-ups finanzieren. Weltweit wurden im vergangenen Jahr rund 4,6 Mrd. USD in E-Health- oder Health-IT-Start-ups investiert.

Ein Knackpunkt ist jedoch die Validität der Geschäftsmodelle. Mit reinen, in der Regel kostengünstigen B2C-Lösungen wird es für viele Start-ups schwierig werden, langfristig am Markt zu überleben. Und gerade in Deutschland ist die traditionelle „Vollkasko-Mentalität“ vieler Versicherter noch allzu sehr verbreitet. Trotzdem sind laut einer weiteren Bitcom-Umfrage 69% der CEOs und Geschäftsführer von Pharma-Firmen der Meinung, die größte Konkurrenz im Gesundheitssektor lauere in den Reihen der Start-ups. Die Lösung liegt in der Kooperation: Große Konzerne und Global Player könnten von kleinen Innovations-Schmieden profitieren.

Regulierung und Finanzierung
Neben rechtlicher Bedenken tut sich bei der Einführung neuer medizinischer und therapeutischer Produkte das Feld der Regulierung als weitere Hürde auf. Hier müssen notwendige Entscheidungsprozesse auf den Prüfstand gestellt und Zulassungsverfahren verkürzt werden. Vor allem in Politik und Verwaltung treffen technische Innovationen noch zu häufig auf verkrustete Strukturen. Der nötige Raum für Chancen sollte nicht von vornherein beschnitten werden. Der Fall des Berliner Start-ups Klara, welches seinen Standort im vergangenen Jahr nach New York verlagert hat, sollte nicht zum Vorbild taugen. Das altbekannte Problem der chronischen Unterfinanzierung deutscher Start-ups trifft derweil auch Big Data-Innovatoren. Ob eine Einrichtung wie das Deutsche Börse-Venture Network hier Abhilfe schaffen kann, bleibt abzuwarten. Zu lukrativen Börsengängen taugt das Thema allemal.

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