Um diesem Anspruch zu genügen, wurde der Entry Standard als Teilsegment innerhalb des Freiverkehrs konzipiert und konnte damit weniger strenge Zulassungs- und Folgepflichten von den Emittenten fordern, als es in den „EU-regulierten“ Börsensegmenten (Regulierter Markt) der Fall war. Durch Mindesttransparenzanforderungen wie die regelmäßige Veröffentlichung eines Zwischenberichtes oder „Quasi-Ad-hoc“-Mitteilungen grenzt sich der Entry Standard vom „reinen“ Freiverkehr (Open Market) ab. Er genügt den Mindestanforderungen seitens der Investoren in Bezug auf Publizität und Aktualität der Information. Zugleich soll der Entry Standard, wie der Name sagt, als Einstiegssegment für junge und mittelständische Unternehmen dienen. Wächst ein Unternehmen aus diesem Segment heraus, so steht ihm der Sprung in den „großen“ Kapitalmarkt innerhalb der Börsensegmente „General Standard“ oder „Prime Standard“ offen.

Fünf Jahre nach seinem Start hat sich der Entry Standard mit insgesamt 165 in- und ausländischen Unternehmen etabliert. Der Entry Standard wird vor allem von kleineren Unternehmen mit einem durchschnittlichen Umsatz von 18 Mio. EUR (im Geschäftsjahr vor Börsennotierung) genutzt, deren mittlerer Börsenwert bei 44 Mio. EUR zum Zeitpunkt ihres IPOs lag. Insgesamt nahmen 80 Emittenten den Entry Standard für die erstmalige Aufnahme von Eigenkapital über die Börse in Anspruch. Ihr durchschnittliches Emissionsvolumen liegt bei 13 Mio. EUR. In der Summe platzierten sämtliche Entry-Standard-Unternehmen in den letzten fünf Jahren ein Eigenkapitalvolumen von rund 1,3 Mrd. EUR. Der Großteil von 696 Mio. EUR wurde während ihrer IPOs eingesammelt. Die restlichen 312 Mio. EUR sind Ergebnis nachfolgender Kapitalerhöhungen. Das Ziel des Entry Standards, dem Mittelstand einen dauerhaften Zugang zum Kapitalmarkt zu bieten, ist nach diesen Statistiken gelungen. Rückblickend kann ebenfalls gesagt werden, dass der Entry Standard seine Funktion als Sprungbrett für einen möglichen Aufstieg in einen der regulierten Märkte ebenfalls erfüllt. Von den 165 gelisteten Emittenten vollzogen 16 den Transfer in den Regulierten Markt.

Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) titelte seine jüngst veröffentliche Studie über den Entry Standard mit „Viel Licht – wenig Schatten“. In einer darin geführten Umfrage bestätigte die Mehrheit der befragten Emittenten, dass der Entry Standard ihr primäres Ziel, die Sicherstellung der Wachstumsfinanzierung, erfüllt hat sowie zur Verbesserung ihres Bekanntheitsgrades beitrug. Das entscheidende Motiv für die Wahl des Entry Standards als Börsensegment bleibt die Möglichkeit, nach HGB zu berichten. Nach wie vor stellt die Umstellung auf IFRS eine große Hürde für den Mittelstand auf dem Weg an die Börse dar.

Zum Erfolg des Entry Standards trägt die Sicherstellung der „Investorenqualität“ in diesem Segment bei. Trotz niedrigerer Transparenzstandards gelang es auch institutionelle Investoren für ein Engagement zu begeistern. Die Investmentquote internationaler Investoren innerhalb der aktuell 119 gelisteten Entry-Standard-Unternehmen liegt bei rund 80%. Dennoch spielt der Privatanleger insbesondere im Sekundärmarkt eine entscheidende Rolle. Wie in der DAI-Studie hervorgehoben, waren es gerade die Privatanleger, die die Kurse der Emittenten während der Finanzkrise stabilisierten. An dieser Stelle sollte ernsthaft wieder darüber nachgedacht werden, wie Privatanleger in ihrer Funktion als wichtige Nachfragestütze bereits beim IPO durch einen eigenen Vertriebskanal gefördert werden können.

Wir wünschen dem Entry Standard auch für die nächsten Jahre viele neue Zugänge.

Von Prof. Dr. Wolfgang Blättchen

Ursprünglich erschienen im GoingPublic Magazin 12/2010.

 

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