ProsiebenSat1 kommt in Zukunft also im Wesentlichen ohne Nachrichten aus. Erklärtes Ziel ist es, die Rendite von derzeit etwa 24 auf 30 % oder mehr zu steigern. Um das zu erreichen, werden die relativ teuer zu produzierenden Newssendungen durch Gerichtsfarcen, Talkshows und sonstigen Dummfunk ersetzt. Man darf über die Qualität der beiden abgesetzten Formate unterschiedlicher Meinung sein und beklagen, die Strategie des „If it bleeds, it leads. If it thinks, it stinks“ sei schon viel zu weit umgesetzt gewesen. Dessen ungeachtet erfordert die Entscheidung deutliche Reaktionen.

Auf die Zuschauer ist dabei nicht zu hoffen. Wer „Barbara Salesch“, „Gülcans Traumhochzeit“ oder „Das Geständnis – heute sage ich alles“ freiwillig ansieht, wird im Alter eine Demenzerkrankung als Erlösung betrachten. Aber jeder Marketing-Manager, der morgen nicht 30 % Nachlass für seine Werbespots bei SAT1 oder Pro Sieben durchsetzt, hat seinen Job verfehlt und müsste streng genommen wegen Veruntreuung belangt werden.

Spannend dürfte es werden, ob die verschnarchten Landesmedienanstalten nun die Initiative ergreifen und den als Vollprogrammen gestarteten und lizensierte Sendeanstalten, vor SAT1 sind ja schon Vox, Kabel1 und andere ins Gaga-Nirwana abgedriftet, den Status von Spartensendern zuweisen, was bei der Belegung in Kabelsystemen durchaus Nachteile bringen kann. Nachdem diverse bewiesene, weil über den Sender gegangene  Rechtsverstöße von Call-in-Sendern unverfolgt geblieben sind, könnte hier ein großer Aufwasch erfolgen.

Der schleichende Niveauverlust im Privatfernsehen schiebt ein Reformthema in den Vordergrund, dessen Wichtigkeit kaum zu überschätzen ist: Wie ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland zukunftssicher zu gestalten, ohne dass die Gebühren ins Unermessliche steigen? Denn eines ist seit heute offensichtlicher denn je: Nie waren ARD, ZDF und die Dritten so wertvoll wie heute – auch wenn manche Zeitgenossen bei den Dritten eher an Zähne denn Rundfunksender denken.

Und ProsiebenSat1? Da kommt einiges auf die Aktie zu, wenn schon CSU-General Markus Söder, bislang auch nicht eben als Fackel der Aufklärung zu Meriten gelangt, die Vorgänge im Sender gewohnt kernig geißelt. Hohe Unsicherheit also!

Stefan Preuß

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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