DIRK CornerVorausgegangen waren umfangreiche, teils kontrovers geführte Marktkonsultationen. Zum 24. September 2018 wird der MDAX von 50 auf 60 und der SDAX von 50 auf 70 Mitglieder erweitert. Darüber hinaus wird die Zweiteilung des Indexuniversums unterhalb des DAX in traditionelle und Technologiebranchen aufgehoben: Doppellistings sind künftig zugelassen, TecDAX-Unternehmen können auch in MDAX oder SDAX aufgenommen werden, DAX-Unternehmen aus den Technologiesektoren in den TecDAX. DAX und TecDAX umfassen weiterhin jeweils 30 Titel. Von Josko Radeljic

 

Stand Juni 2018 qualifizieren sich 13 TecDAX-Titel für den um zehn Plätze erweiterten MDAX. Also rutschen drei MDAX-Werte in den SDAX – dort treffen sie auf 14 weitere Titel aus dem TecDAX. Folge: Trotz Ausweitung des Small Cap-Index auf 70 Mitglieder bleiben letztlich nur drei Plätze für Unternehmen übrig, die bislang keinem Auswahlindex angehörten. Mit der Aufhebung der Segmente „Classic“ und „Tech“ wird erreicht, dass M- und SDAX künftig das gesamte Branchenspektrum abdecken.

 

Doppelmitgliedschaft bremst Neuzugänge aus

Damit nähert sich die Deutsche Börse internationalen Standards an. Die – wenn nicht versprochen, so doch erhoffte – kräftige Aufstockung der Zahl der Indexunternehmen findet nicht statt. Und auch zu der diskutierten Ergänzung rein quantitativer Auswahlkriterien für die Indizes – Handelsumsatz und Marktkapitalisierung des Streubesitzes – um qualitative Aspekte konnte man sich nicht durchringen. Für viele mittelgroße börsennotierte Unternehmen wäre es eine große Hilfe beim Kampf um Aufmerksamkeit für ihre vielfach sehr attraktiven Geschäftsmodelle und -aussichten gewesen, durch Zugehörigkeit zu einem Aktienindex Bekanntheit und Visibilität bei Investoren zu steigern. Schade.

 

Technologie, Immobilien, Spin-offs

Technologiewerte genießen höhere Börsenbewertungen als klassische Unternehmen, obwohl sie in der Regel geringere Gewinne und Dividenden abwerfen. Der Aufschlag ist dem Prinzip Hoffnung geschuldet, dass die Werte sich in Zukunft überproportional profitabel entwickeln. Vor diesem Hintergrund liegen die durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnisse der Technologiewerte höher als bei klassischen Unternehmen. Hinzu kommt, dass die Volatilität dieser Aktien ebenfalls höhere Werte aufweist. Zukünftig umfassen MDAX und SDAX rund 20% Tech-Aktien. Daher dürften Anleger, die vor allem in Indexfonds investieren, mit höheren Volatilitäten rechnen und geringere Dividenden zu erwarten haben.

Ein weiterer Sektor, der vor allem in den vergangenen Jahren einen starken Zuwachs in den beiden Indizes erfuhr, ist die Immobilienbranche. Dank des mittlerweile mehrjährigen Tiefzinsniveaus ist die Branche auch nach Erweiterung der Indexplätze mit jeweils rund 10% in M- und SDAX vertreten. Steigende Zinsen beeinflussen alle Wirtschaftssektoren, aber der Immobiliensektor dürfte hier die ersten Opfer bringen. Es ist noch nicht einmal zehn Jahre her, da sorgte die Immobilienkrise in den USA für eine der größten Wirtschaftskatastrophen überhaupt.

Die Zahl der Börsengänge in Deutschland nimmt wieder zu: Die Börse ist auf einen laufenden Zustrom neuer Investmentideen, junger und wachstumsstarker Unternehmen angewiesen. Mit Blick auf den Indexumbau resultiert daraus aber der Effekt, dass viele IPOs vom Start weg in die Indizes einrücken. Auch dies hätte man bei der Neukonzeption und der Festlegung der Zahl der Indexunternehmen berücksichtigen sollen. Die Kapitalbeschaffung über die Börse nutzen nicht nur junge Unternehmen, sondern derzeit vor allem auch bereits börsennotierte Schwergewichte, die Tochtergesellschaften von erheblicher Größe ebenfalls ausgründen. Diese Spin-offs weisen daher in vielen Fällen hohe Marktkapitalisierungen und Handelsvolumina auf, was wiederum die Chancen kleinerer Unternehmen auf einen Platz in einem der Auswahlindizes verringert. Dabei wäre gerade für junge Unternehmen die Erhöhung des Bekanntheitsgrads am Kapitalmarkt sehr wichtig.

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