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Die Cutanos GmbH, ein Wiener Biotech-Startup mit einiger Vernetzung nach Deutschland hat den erfolgreichen Abschluss seiner ersten Finanzierungsrunde bekanntgegeben. Cutanos wurde Anfang 2021 als Spin-Off des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung (Potsdam, Brandenburg) gegründet und ist nun derzeit noch mit einer „Universitäts-Adresse“ in Wien angesiedelt. Diese Finanzierungsrunde hat einige interessante thematische Aspekte, auf die wir gleich eingehen wollen, doch zuerst: was macht Cutanos?

Cutanos – Medikamentenaufnahme über die Haut

Kern des Unternehmens bildet das sogenannte Langerhans Cell Target Delivery System (LC-TDS), eine hochspezifische und flexible Plattformtechnologie für den transdermalen Transport von Wirkstoffen zur Immunmodulation. Die Technologie wurde am Max-Planck-Institut in der Arbeitsgruppe von Christoph Rademacher (siehe ganz unten) entwickelt, der im Herbst letzten Jahres eine Professur für Molecular Drug Targeting an der Universität Wien angenommen hat. Durch einen exklusiven Lizenzvertrag mit der Max-Planck-Gesellschaft wurde die LC-TDS in die Cutanos eingebracht.

Das Gründerteam, Prof. Christoph Rademacher (links) and Robert Wawrzinek (rechts). Foto: Maxime Denis

Die hohe Selektivität und Spezifizität der LC-TDS-Technologie wird durch ein synthetisches Molekül erreicht, welches exklusiv nur von sogenannten Langerhans Zellen erkannt, aufgenommen und verarbeitet wird. So lassen sich therapeutische Wirkstoffe quasi mit einem „Adressaufkleber“ versehen, der sie nur an diejenigen Zellen ausliefert, die auch eine Immunreaktion einleiten können. Diese zielgerichtete Immuntherapie erlaubt nicht nur die Reduktion der benötigten Wirkstoffmengen, was besonders bei globalen Impfstoffkampagnen gegen pandemische Erreger von großer Wichtigkeit ist, sondern vor allem eine bessere Kontrolle der Immunantwort.

Investoren-Konsortium der „Translation“ verschrieben

Das Kapital der Investoren wird die Cutanos für die Weiterentwicklung der LC-TDS Technologie im Bereich viraler Impfstoffe und Autoimmunerkrankungen einsetzen. Dazu sagt Robert Wawrzinek, Mitgründer und Geschäftsführer von Cutanos: „Unser gesamtes Team ist hochmotiviert, auf der Basis der LC-TDS Technologie vielen PatentientInnen Zugang zu neuen Therapien und Impfstoffen zu ermöglichen. Wir freuen uns über das Vertrauen und die große Unterstützung, die uns unsere Investoren entgegenbringen.“

Und diese Investoren sind der KHAN Technology Transfer Fund I (KHAN-I), High-Tech Gründerfonds (HTGF), IST cube und ein weiterer privater Investor, die alle über die Höhe der Investition Stillschweigen vereinbart haben.
Interessant sind alle diese Investoren und der HTGF ist auf unseren Seiten ein so häufig gesehener Investor, dass wir das Augenmerk auf die anderen Beteiligten lenken wollen: der KHAN Technology Transfer Fund I ist selbst eine spannende Geschichte, als startup-Fonds mit 60 Mio € ausgestattet und als eine deutsch-österreichische Multi-Wissenschaftsorganisations-Initiative mit dem LDC in Dortmund wie auch der 100%-Tochtergesellschaft „wings4innovation“ als operative Arme verbunden. w4i ist dabei für das Scouting nach neuen Substanz-Ideen, Technologieplattformen in Österreich zuständig, das LDC dafür diese Moleküle oder Technologien auf „Industrie-Standard“ zu heben. KAHN-I und w4i haben gerade erst im November 2020 bekanntgegeben eine Rahmenvereinbarung mit 19 führenden österreichischen Forschungsstätten mit Schwerpunkt LifeSciences geschlossen zu haben – für den deutschen Raum ein nahezu unvorstellbarer Akt der Schaffung eines echten Translations-Zentrums der molekularen Medizin.

Die Vertragspartner sind: AIT Austrian Institute of Technology, CeMM – Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, IMP – Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie, Institute of Science and Technology Austria (IST Austria), Ludwig Boltzmann Gesellschaft – österreichische Vereinigung zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Max Perutz Labs Vienna, Medizinische Universität Graz, Medizinische Universität Innsbruck, Medizinische Universität Wien, Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg, Paris Lodron Universität Salzburg, Technische Universität Graz, Technische Universität Wien, Universität für Bodenkultur Wien, Universität Graz, Universitätsklinikum Salzburg, Universität Wien und Veterinärmedizinische Universität Wien.

IST-cube „rising star“ in der „Wiener Melange“ aus Top-Wissenschaft, Inkubation, Investition

Wer steckt nun hinter dem KAHN-I-Fonds selbst? Investoren von KHAN-I sind Austria Wirtschaftsservice (aws) im Auftrag des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, der Europäische Investitionsfonds (EIF) und die Max-Planck-Förderstiftung (MPF), der Sitz einer etwas verschachtelten Fonds-Managementgesellschaft ist beim LDC in Dortmund. Aus diesem österreichischen Scouting sind schon eine knappe Handvoll an Projekten bei KAHN-I gelandet.
Auch der IST-Cube ist ein paar Sätze wert: Der „Incubator“ des österreichischen IST (Institute of Science and Technology), das seinerseits nichts Geringeres anstrebt als ein „Alpen-MIT“ zu werden, versteht sich als VC-Investor aber verfügt auch über Räume, Labor oder auch kleinere Büro-Einheiten im co-Working-Stil. Die IST-Infrastruktur kann dabei genutzt werden, sprich eine state-of-the-art Technologie- und Wissenschafts-Campuslandschaft, im IST-Park kann das start-up auch in der seed-Phase einen Platz finden. Die finanzielle Reichweite vom IST-Cube ist auch genau auf diese Pre-Seed-Phase bis zur Serie-A ausgerichtet, der ideale Co-Investor für die frühen Medikamenten-Projekte, die w4i in den Forschungslaboren auch des IST aufspürt. Gänzlich unbemerkt ist dieses kleine aber feine Wiener Ökosystem nicht mehr, das Fachmagazin Nature hat das IST Austria als aufstrebenden Stern (rising star – heißt das dann neudeutsch) eingestuft und es weltweit auf Platz 3 des normalisierten „Nature Index“-Rankings und auf Platz 8 der „Nature Index Top 30 under 30“ platziert. Man kann also neben Cutanos und dem sonstigen Portfolio gespannt sein, was sich hier in Zukunft noch tut.

Als letzten Erzählstrang noch ein Wort zum wissenschaftlichen Kopf und Mitgründer, Christoph Rademacher: Ein gelernter „biologisch-technischer Assistent“, der nach dieser Ausbildung innerhalb von 10 Jahren einen hochdekorierten Karriereweg bis zum Gruppenleiter in einem Max-Planck-Institut hinlegt, dort gut ein Jahrzehnt forscht und Spitzen-Förderung wie ERC-Grants bekommt – und nun dem Ruf nach Wien gefolgt ist, vielleicht wegen dem ansprechenden Gründer-Biotop dort?

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