Der Wert der M&A-Transaktionen in der internationalen Pharmabranche hat 2014 mit insgesamt 223 Mrd. USD einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Dieser Rekordwert könnte im Jahr 2015 aber noch überschritten werden. Denn die Kassen der Pharmaunternehmen für weitere Zukäufe sind gut gefüllt. Jedoch haben sich insbesondere die Big-Pharma-Unternehmen, also die nach Umsatz führenden Pharma-Konzerne, im vergangenen Jahr eher zurückgehalten, obwohl sie in der Vergangenheit riesige Summen für potenzielle Übernahmen angehäuft haben. Doch ein Blick auf die unterdurchschnittlich wachsenden Umsätze zeigt: Wollen sie den Anschluss nicht verlieren, müssen sie deutlich zulegen, vor allem da ein rein organisches Wachstum auf dem hart umkämpften Pharmamarkt inzwischen sehr schwer geworden ist.

Gegenüber dem Gesamtvolumen von 88 Mrd. USD im Jahr 2013 bedeutet der Wert von 2014 eine Steigerung um 153%. Besonders aktiv waren Generikahersteller und Spezialpharma-Unternehmen, die mit Deals in Höhe von 133 Mrd. USD knapp 60% des Gesamtvolumens beisteuerten. Zwar legte auch Big Pharma von etwa 14,5 Mrd. USD im Jahr 2013 auf 87 Mrd. USD deutlich zu. Damit blieben die großen Pharmaunternehmen jedoch deutlich hinter den Spezialpharma-Firmen zurück und sind gleichzeitig weit von den einstigen Kräfteverhältnissen entfernt. 2009 betrug der Anteil der Deals im Big-Pharma-Bereich am Gesamtvolumen noch 95%, der von Spezialpharma gerade einmal 3%. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY), für die Finanzdaten der größten Pharma-, Biotech- und Specialty Pharma-Unternehmen untersucht wurden.

„Die Pharmakonzerne waren 2014 verhältnismäßig vorsichtig unterwegs – doch es ist zu erwarten, dass sich das ändert“, erklärt Gerd Stürz, Leiter des Bereiches Life Sciences bei EY. „Die nötigen Wachstumsraten sind fast nur mit Hilfe von Akquisitionen zu erreichen. Durch Zukäufe ließen sich zudem mögliche Risiken im Bereich Forschung und Entwicklung und bei Produkteinführungen absichern.“

Big Pharma steht 1,26 Bio. USD zur Verfügung
Die Vertreter von Big Pharma hätten durchaus die nötige Finanzkraft für weitere Übernahmen. Die Mittel, die für M&A-Aktivitäten zur Verfügung stehen, sind nochmals deutlich angewachsen. Insgesamt stehen den untersuchten Unternehmen nach EY-Berechnungen knapp 1,26 Bio. USD zur Verfügung, das entspricht einem Zuwachs von knapp 43% im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2007. Davon hortet Big Pharma mit rund 829 Mrd. USD den Löwenanteil. Den deutlichsten Zuwachs hatte die Sparte Big Biotech. Dort hat sich die Finanzkraft seit 2007 mehr als verdreifacht auf einen Höchstwert von 318 Mrd. USD erreicht.

Der Gesamtmarkt wird bis 2017 bei den Erlösen aus Verkäufen voraussichtlich um etwa 5% pro Jahr zulegen. Die Erlöse des Arzneimittelmarktes werden sich von 2007 bis 2017 voraussichtlich auf 1,2 Bio. USD fast verdoppeln. Big Pharma legt im gleichen Zeitraum voraussichtlich um 27% auf 602 Mrd. USD zu. Bei einer Entwicklung, die mit dem Markt Schritt halten würde, müssten die Erlöse von Big Pharma allerdings bei knapp 700 Mrd. USD liegen. Zuletzt sind sie sogar zurückgegangen: Von 588 Mrd. USD im Jahr 2011 auf prognostizierte 546 Mrd. USD im Jahr 2014.

Stürz rechnet für 2015 mit einem Anhalten des M&A-Booms in der Pharmabranche, weil auch Big Pharma voraussichtlich stärker eingreifen könnte. „Die Strategie, Geld anzuhäufen und sich dann aber auf dem Markt zurückzuhalten, ist nicht ohne Risiko“, betont Stürz. „Die Unternehmen werden darauf achten, dass sie nicht den richtigen Zeitpunkt für Zukäufe verpassen. Die derzeitige Situation ist aber auch eine gute Gelegenheit, um sein Portfolio zu bereinigen und einzelne Sparten zu verkaufen. Die Marktkapitalisierung steigt und damit die Chancen, Unternehmensteile zu guten Preisen abzustoßen.“ Der Markt werde weiterhin dadurch geprägt sein, dass Pharmakonzerne sich neu aufzustellen versuchen, indem sie Randbereiche abstoßen und Kernkompetenzen durch Zukäufe stärken.

2014 schlugen auch die beiden deutschen Konzerne Bayer und Merck zu. Die Bayer AG kaufte Merck den Geschäftsbereich Consumer Care für 14,2 Mrd. USD ab. Merck wiederum übernahm für 9,5 Mrd. USD die Cubist Pharmaceuticals Inc. Damit befinden sich die beiden Unternehmen auf Platz vier und fünf der Liste der Top-Deals. Die beiden größten Übernahmen tätigte der Generikahersteller Actavis mit Sitz in den USA und Irland. Der Konzern übernahm den Botox-Hersteller Allergan für 66 Mrd. USD sowie den Konkurrenten Forest Laboratories für 23,3 Mrd. USD. Auf den dritten Platz schob sich die schweizerische Novartis AG, die der britischen GlaxoSmithKline den Onkologie-Bereich für 16 Mrd. USD abkaufte und im Gegenzug das Impfstoffgeschäft für 7,1 Mrd. USD an die Briten abgab.

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