Titelte der 2018er Report der Biotechnologie-Spezialisten von EY vor einem Jahr noch „Sprung nach vorne“, so sind 2019 immerhin kleine Hopser zu verzeichnen: Umsatz branchenweit +9%, Beschäftigte +5% und Ausgaben in Forschung & Entwicklung +4%. Von Falko Bozicevic
Zum Auftakt der diesjährigen Vorstellung des EY-Biotech-Reports lobte Branchen-Leader Dr. Siegfried Bialojan die mediale Berichterstattung, die auch mit dazu geeignet sei, die öffentliche Wahrnehmung positiv zu beeinflussen. Und das muss sie – vor allem und nicht zuletzt in Berlin.
Denn schon wieder hat das BMBF eine andere Federführung – Minister Altmaier gab sie bereits ab. Dauerthema bleibt, dass die Belange der deutschen Biotechnologie-Branche in Berlin kein ausreichendes Gehör fänden, im Gegenteil: Macht man Vorschläge, lautet die Antwort fast unisono „Niemand will wieder Neuer-Markt-Zeiten!“.

Das zweite Dauerthema ist wie gewohnt die große Diskrepanz zu den USA. Und zwar in wirklich sämtlichen Belangen. Über den Unterschied in den Finanzierungssaldi muss an dieser Stelle nicht näher berichtet werden, häufig stimmt schon das gesamte Set-up hierzulande nicht. Heinrich dazu: „In den USA investieren Kapitalgeber ausschließlich in ein Team. Das geht so weit, dass man auf Roadshows oder Gesprächen zu hören bekommt: ‚Zeigt mir erst mal euer Team!‘“
Zinke zeigt nochmal im Detail auf, von welchem Größenunterschied die Rede ist: Die Schere zwischen den USA und D ist in punkto Finanzierungsvolumina auf den Faktor 40 gewachsen – steigend Jahr für Jahr.

Den beklagenswerten Finanzierungs-Zustand deutscher Innovation illustriert EY an einem der erfolgreichsten Medikamente aller Zeiten: Humira. Kumulierte Umsätze von 2003 bis 2018: rund 133 Mrd. USD, zuletzt 20 Mrd. USD im Jahr 2018. BASF verkaufte den Wirkstoff 2000 an Abbott – für knapp 7 Mrd. USD. Notabene am Rande: Die gesamte heutige BASF erwirtschaftete 2018 ein EBIT von rund 6 Mrd. EUR. Dieselbe Summe bringt Humira dem heutigen Inhaber ganz allein.
Alle Förderungen und „Innovations-Folklore“ verpuffen wirkungslos, da man nicht gegen den Kapitalmarkt anfördern könne [Zitat Dr. Holger Zinke]. Man sei daher nicht müde geworden, in Berlin immer wieder zu insistieren, dass zuerst das ‚Mind Set-up‘ geändert werden müsse. Forderung Nummer Eins dazu klingt simpel, fehlt jedoch aktuell: ein Statement der Politik „Ja, wir wollen eine starke deutsche Biotechnologie-Branche und einen funktionierenden, starken Kapitalmarkt!“. Forderung Nummer Zwei betrifft Steuererleichterungen für Start-ups. Bialojan erinnert daran, dass man hier lediglich auf unwesentliche Beträge verzichten müsse – noch dazu welche, die ohne Förderung kaum mal überhaupt da wären!
Heinrich möchte noch eine dritte Forderung gehört wissen, die allerdings eher als zusätzlichen Wunsch formuliert: Das deutsche Patentrecht sei nicht gerade dazu angetan, Forscher zusätzlich zu inzentivieren.

Ausblick
Die Beteiligten wollen aber zugleich dem Eindruck entgegentreten, dass irgendwie Endzeitstimmung angesagt sein könnte. So ist es nicht. „Der gesellschaftliche Eindruck eilt dem Wechsel im Mindset innerhalb der Politik voraus“, wie bei fast allen neuzeitlichen Themen. „Das macht immerhin Hoffnung“, so Heinrich. So bleiben wir einstweilen bei den Hopsern wenigstens in die richtige Richtung – der ‚Sprung nach vorn‘ lässt weiter auf sich warten.
Fotos: aus der EY-Präsentation. Werden später durch pdf-Seiten ersetzt sobald vorliegend.

