Vorbereitende Strukturierungsschritte bei einem indirekten IPO

Die Bilanzstruktur eines typischen deutschen Biotech-Unternehmens, das regelmäßig schon mehrere Finanzierungsrunden durchlaufen hat, ist komplex. Oft bestehen beispielsweise stille Beteiligungen, Vorzugsaktien oder Wandeldarlehen und Optionen. Da dies für US-Investoren fremde Instrumente sind und deren Beibehaltung einen IPO erschweren wenn nicht gar unmöglich machen würde, muss die Bilanz um diese Instrumente bereinigt werden. Dies kann zum einen dadurch erfolgen, dass die Instrumente gegen neue, im Rahmen des IPO ausgegebene Aktien getauscht oder durch entsprechende Instrumente auf Ebene der ausländischen Holding ersetzt werden.

Die ausländische Holding selbst muss erst unmittelbar vor dem IPO gegründet werden und erwirbt die Anteile der Investoren an der deutschen Gesellschaft im Wege eines Anteilstauschs. Ein grenzüberschreitender Rechtsformwechsel der deutschen Gesellschaft in eine Gesellschaft aus dem EU-Ausland wäre zwar denkbar. Ein solcher Rechtsformwechsel ist allerdings in der Praxis aufgrund der unklaren rechtlichen Anerkennung in dem jeweiligen Aufnahmestaat zu unsicher.

Ein typisches Beispiel für einen indirekten Nasdaq-IPO eines deutschen Biotech-Unternehmens ist der Börsengang der niederländischen Affimed Therapeutics BV im September 2014, bei dem vorab die Aktien der Affimed Therapeutics Aktiengesellschaft durch die Investoren in die neu gegründete Affimed Therapeutics BV eingebracht wurden. Affimed erzielte bei dem IPO einen Bruttoemissionserlös von 88,4 Mio. USD.

Steuerliche Implikationen beim indirekten IPO

Die durch die Einbringung in die neue Holding erzielten Veräußerungsgewinne der Investoren können innerhalb der Europäischen Union aufgrund der Regelungen zum Anteilstausch steuerneutral realisiert werden. Zudem ist nach Maßgabe des mit Rückwirkung zum 1. Januar 2016 geänderten deutschen Körperschaftsteuerrechts, anders als in der Vergangenheit, nun auch sichergestellt, dass die oftmals hohen steuerlichen Verlustvorträge des Biotech-Unternehmens trotz Anteilsübertragung weiterhin genutzt werden können.

Weitere vorbereitende Maßnahmen für US-IPO

Der Emittent sowie dessen handelnden Organe sollten im Vorfeld zunächst die mit einem US-Listing verbundenen Haftungsrisiken weitestgehend minimieren. Neben einer umfangreichen internen Due Diligence zur Identifizierung möglicher Haftungsrisiken erfordert dies eine Überprüfung der internen Kontroll- und Auditprozesse sowie die Klärung der Angemessenheit der bestehenden D&O-Versicherung.

Im Vorfeld eines IPOs müssen zudem im Rahmen des Marketings und der sonstigen Kommunikation die US-rechtlichen Restriktionen berücksichtigt werden.

Besondere Erleichterungen für ausländische Biotech-Unternehmen

Neben den üblichen Zulassungsvoraussetzungen, wie Mindestkapital, Anzahl der Aktionäre, Mindestausgabebetrag, Mindesteinnahmen sowie Mindest Free-Float, müssen alle Emittenten für einen Nasdaq-Börsengang besondere Corporate Governance Anforderungen erfüllen.

Die meisten Biotech-Unternehmen werden allerdings als sogenannte „foreign private issuer“ (FPI) qualifizieren und damit von zahlreichen formalen Erleichterungen im Rahmen des US Börsengangs profitieren. Insbesondere unterliegen sie weniger strikten Compliance Anforderungen. Zudem werden die Unternehmen oft auch als Wachstumsunternehmen („emerging growth company“ – EGC) mit einem Umsatz von weniger als einer Mrd. USD eingestuft. An den Status als EGC sind verschiedene Vorteile geknüpft, etwa die Möglichkeit der vertraulichen Vorabansprache von Investoren (sogenanntes „testing the waters“).

Fazit

Trotz des regulatorischen Mehraufwands bleibt als wichtigstes Argument bei einem IPO eines Biotech-Unternehmens am Börsenplatz NASDAQ die Möglichkeit, deutlich höhere Erlöse zu erzielen. Zudem können deutsche Biotech-Unternehmen regelmäßig in den Genuss einiger regulatorischer Erleichterungen kommen. Aufgrund der Restriktionen des deutschen Aktienrechts bei der Kapitalaufnahme wird der Börsengang vorzugsweise in Form eines indirekten IPOs, also über eine niederländische oder luxemburgische Zwischenholding erfolgen.

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