Eine runde Sache?
Sitronic ist weltweit die Nummer 3 bei der Waferproduktion für die Halbleiterindustrie. Weltmarktführer sind die japanischen Hersteller Shin-Etsu Handotai (Weltmarktanteil 2003: 29 %) und Sumco (23 %), auf Siltronic entfielen 15 %. Bei Wafern handelt es sich um spezielle Siliziumkristallscheiben, die in einem aufwendigen Verfahren gewonnen werden. Die zylinderförmig aus Siliziumsand gewachsenen Kristalle werden anschließend mittels Lasertechnik sehr fein gesägt und poliert, bevor sie dann an Halbleiterhersteller verkauft werden. Die Eigenschaften der Wafer können kundenspezifisch gestaltet werden. Wichtigster Trend in der Branche ist die Umstellung der Produktion vom bisherigen 200 mm-Standard auf 300 mm-Standard. Die Größenangaben beziehen sich hierbei auf den Durchmesser der Siliziumscheiben. Hierbei ermöglicht die um den Faktor 2,25 größere Fläche eines 300 mm-Wafers erhebliche Kostenvorteile, da entsprechend mehr Chips pro Produktionsdurchlauf gewonnen werden und es einen deutlich geringeren Ausschuß am Rand der runden Waferscheiben gibt. Die Einsparungen bei Herstellern wie Infineon und TSMC, die frühzeitig auf diese Technologie gesetzt haben, belaufen sich auf ca. 20 bis 30 % pro Chip. Daher läßt sich für 300 mm-Siliziumscheiben – für die es zur Zeit weltweit nur die drei oben genannten Hersteller gibt (200 mm-Wafer werden von sieben Unternehmen gefertigt) – eine deutliche Preisprämie (aktuell ca. 100 % pro Fläche) gegenüber den 200 mm-Wafern erzielen. So titelt der Bookrunner Deutsche Bank die eigene Emissionsstudie mit „300 mm Wafer feast“. Doch obwohl sich 300 mm-Wafer in der Massenproduktion zum Standard entwickelt, besteht jedoch nach wie vor noch längere Zeit eine Nachfrage nach 200 mm-Wafern.

Eine ausführliche Erläuterung des Geschäftsmodells sowie des Wafermarktes finden Sie auch im GoingPublic Magazin 3/2004, S. 12 bis 14,.sowie im neuen GoingPublic Magazin 4/2004, S. 30 und 31 (Erscheinungstermin: 20.3.2004).

Die Emission
Die Zeichnungsfrist für Siltronic-Aktien (WKN 775 130 / ISIN DE 0007751307) läuft bis zum 25. März. Die Aktien können in einer relativ breiten Bookbuilding-Spanne von 14,50 bis 19 Euro gezeichnet werden. Zum Konsortium gehören Deutsche Bank und Morgan Stanley (Joint Lead), Citigroup, Dresdner Kleinwort Wasserstein, HypoVereinsbank, Bayerische Landesbank, DZ Bank und WestLB. Plaziert werden bis 57,5 Mio. Aktien mit einem rechnerischen Nennwert von 2 Euro. Davon stammt die Mehrzahl (bis zu 40 Mio. Aktien) aus einer Kapitalerhöhung. Bis zu 10 Mio. Aktien gibt der Mehrheitsaktionär, die Münchner Wacker-Chemie, ab. Zudem stehen 7,5 Mio. Aktien der Wacker-Chemie als Greenshoe zur Verfügung. Je nach dem, ob der Greenshoe ausgeübt wird, oder nicht, beträgt der Free Float 55,6 % bzw. 63,9 %. Siltronic möchte das Eigenkapital durch den Mittelzufluß aus dem Börsengang sowie die Umwandlung eines Gesellschafterdarlehens in die Kapitalrücklage um rund 930 Mio. Euro stärken und zudem die flüssigen Mittel um einen dreistelligen Millionenbetrag erhöhen. Die Eigenkapitalquote, die branchenüblich aufgrund des zyklischen Geschäftsverlaufes recht hoch ist, würde dann rund 80 % betragen. Falls ein Brutto-Emissionserlös von mehr als 590 Mio. Euro erzielt wird (dies wäre bei 14,75 Euro der Fall), wird die Gesellschaft ein Darlehen des Wacker-Konzerns von 330,66 Mio. Euro in Höhe des übersteigenden Betrages zurückführen. Das verbleibende Gesellschafterdarlehen wird in Eigenkapital umgewandelt.

Die Finanzen

Jahr

2001

2002

2003

2004e

2005e

Umsatz

919,8

928,1

876,9

816,2

925,0

EBITDA

186,3

155,9

159,7

105,9

202,4

EBIT

27,7

12,1

-86,9

-34,1

62,4

Jahresergebnis

23,9

-3,3

-66,7

-39,7

42,5

Op.Cash Flow

228,9

120,1

81,0

105,2

187,9

Quelle: Unternehmensgaben (2001 bis 2003), Dresdner Kleinwort Wasserstein Research (2004 und 2005)

Angaben in Mio. Euro

Der Verlust im vergangenen Jahr ist auf eine geringere Nachfrage sowie Überkapazitäten bei Waferherstellern zurückzuführen. Aufgrund der branchenüblichen Fakturierung in US-Dollar wurde der Preisdruck für europäische Hersteller weiter verstärkt. Neben einigen Sondereffekten führte dies im vergangenen Jahr zu einem deutlich höheren Verlust bei Siltronic.

Waferpreisentwicklung und Dollar-Kurs als wesentliche Variablen
Für das laufende Jahr hat das Unternehmen das Wechselkursrisiko, wie CFO Dr. Günter G. Koch während der Emissionspressekonferenz sagte, weitestgehend abgehedgt. Auf welcher Dollar-Basis, wurde jedoch auch auf Nachfrage nicht genannt. Während der Bilanzpressekonferenz am 26. Februar erläuterte Koch jedoch, daß es verschiedene Kalkulationen mit Kursen von 1,20 bis 1,28 US-$ je Euro gebe. „Glücklich“ sei man mit Kursen von 1 bis 1,20 US-$ je Euro.

Bezüglich der Waferpreisentwicklung führte Dr. Koch während der Emissions-PK aus, daß die Unternehmensplanung für 2004 auf Basis etwa gleichbleibender Waferpreise sehr konservativ aufgestellt wurde. Die Prognosen anderer Hersteller gehen hingegen von einem Preisanstieg von ca. 11 % aus. Ein solches Szenario würde sich mit einem Mehrumsatz und -ertrag von rund 100 Mio. Euro auf die Siltronic-Umsätze auswirken. So geht ein unabhängiges Researchhaus auch von leicht besseren Umsatz- und Ertragszahlen aus als Dresdner Kleinwort Wasserstein.

Bewertung
Aufgrund des zyklischen Geschäftsverlaufs sind Kapitalwertmethoden (Discounted Cash Flow) bei der Bewertung von Halbleiter- und Waferproduzenten nicht zielführend. Zur Bewertung von zyklischen Halbleiterwerten wird als wichtigste Bewertungskennziffer oftmals das EV/EBIDTDA herangezogen (EV: Enterprise Value, also Unternehmenswert). Auf Basis der Preisspanne von 14,50 bis 19 Euro je Aktie errechnet sich bei Siltronic ein EV/EBIDTDA-Verhältnis von 5,1 bis 7,1. Beim weltweit viertgrößten Waferhersteller, MEMC (Shin-Etsu Handotai und Sumco sind jeweils Teilbereiche großer Industriekonglomerate und damit nur sehr eingeschränkt vergleichbar), beträgt dieser Wert etwa 8. Zudem ist MEMC nicht im zukunftsträchtigen 300 mm-Geschäft aktiv. Dieser zunächst äußerst positive Eindruck wird beim KGV eingetrübt. Denn Siltronics 2005er KGV beträgt auf Basis der Bookbuilding-Spanne 30 bis 40. Da Siltronic 2005 den Break Even erreichen dürfte, ist das KGV jedoch weniger aussagekräftig. Das KGV (2005) liegt sowohl bei MEMC als auch bei der Gesamt-Peer Group bei rund 12.

Fazit:
Auf Basis des EV/EBITDA erscheint Siltronic interessant gepriced. Beim KGV erscheint dies jedoch deutlich ungünstiger. Die jüngste Entwicklung am US-IPO-Markt zeigt sehr deutlich, daß aufgrund einer mangelnden Preisdisziplin von Investmentbanken und Emittenten Überzeichnungen nicht zwangsläufig auch zu Zeichnungsgewinnen führen. GoingPublic rät Investoren daher zu einer größeren Preissensitivität. Siltronic erscheint am unteren Bereich der Bookbuilding-Spanne als interessantes Investment. Der zyklische Geschäftsverlauf sowie der Dollar-Kurs sollten jedoch stets beobachtet werden.

 

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