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Jede Aktionärin, jeder Aktionär kennt das: Je nach Depotgröße flattern über das Jahr unzählige Briefe in den Briefkasten, in denen man aufgefordert wird, sich zur Hauptversammlung anzumelden und/oder sein Stimmrecht auszuüben. Gängige Praxis war bislang, einen Brief zurückzusenden. Nun ist der Prozess im Wandel.

Spätestens seit 2020, mit der durch Corona „erzwungenen“ Einführung der virtuellen Hauptversammlung, findet ein Umdenken bei Juristen statt. Die Digitalisierung scheint salonfähig geworden zu sein. Im Einladungs- und Anmeldeprozess zur Hauptversammlung erleben Aktionäre jedoch häufig noch einen Medienbruch. Allzu oft wird selbst zu einer digitalen Hauptversammlung noch papierhaft eingeladen.

Der Anmeldeprozess wird grundsätzlich durch die Aktiengattung bestimmt. Während die Anmeldung bei Inhaberaktien über die depotführende Bank erfolgt, werden bei Namensaktien die Aktionäre direkt von den Emittenten angeschrieben.

Namensaktien mit guter Ausgangslage

Als Aktionär hat man im Vorfeld einer HV regelmäßig die Wahl, welche Rechte man wahrnehmen möchte. Der kürzeste Weg geht über Internetportale, die von den Emittenten zur Abwicklung der Aktionärsrechte angeboten werden. Das ist allerdings so direkt nur für Gesellschaften mit Namensaktien möglich. Nur sie können direkt mit dem Aktionär in Kontakt treten und die Unterlagen zur HV übersenden.

Aktiengesetz
§ 67 Eintragung im Aktienregister

(1)    Namensaktien sind unabhängig von einer Verbriefung unter Angabe des Namens, Geburtsdatums und einer Postanschrift sowie einer elektronischen Adresse des Aktionärs sowie der Stückzahl oder der Aktiennummer und bei Nennbetragsaktien des Betrags in das Aktienregister der Gesellschaft einzutragen. Der Aktionär ist verpflichtet, der Gesellschaft die Angaben nach Satz 1 mitzuteilen …

Das Aktiengesetz (AktG) sieht dabei in § 67 vor, dass der Aktionär neben der Postanschrift auch eine E-Mail-Adresse an das Aktienregister übermittelt. Technisch erfolgt diese Übermittlung durch die depotführende Bank über den Zentralverwahrer der Aktien: Clearstream. Die E-Mail-Adressen werden bei Neuaktionären mittlerweile meist geliefert, die „Nachlieferung“ für Bestandsaktionäre geschieht aber nicht flächendeckend, sondern höchstens von einigen Direktbanken, und erfolgt oft nur, wenn es aus anderen Gründen zu Änderungen des Aktienbestands kommt; beispielsweise, weil der Aktionär Aktien zukauft, in Teilen verkauft oder sich die postalische Adresse ändert.

§ 49 Abs. 3 WpHG:

Unbeschadet der Veröffentlichungspflichten nach den Absätzen 1 und 2 dürfen Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, Informationen an die Inhaber zugelassener Wertpapiere im Wege der Datenfernübertragung übermitteln, …

  1. im Falle zugelassener Aktien…,

d) die Aktionäre (…) in die Übermittlung im Wege der Datenfernübertragung ausdrücklich eingewilligt haben oder einer Bitte in Textform um Zustimmung nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums widersprochen und die dadurch als erteilt geltende Zustimmung nicht zu einem späteren Zeitpunkt widerrufen haben, (…).

Nun bestehen datenschutzrechtliche Bedenken, dass diese gelieferten E-Mail-Adressen auch genutzt werden dürfen. Dabei gibt es für börsennotierte Unternehmen mit § 49 Abs. 3 Nr. 1 (d) WpHG eine eindeutige Spezialvorschrift, die besagt, dass diese Adresse auch genutzt werden darf, sofern eine Einwilligung oder zumindest kein Widerspruch gegen die Nutzung vorliegt.

Im Markt findet sich zudem eine andere, deutlich „radikalere“ Rechtsauffassung: Alle Neueinträge ins Aktienregister, die nach der Neufassung des § 67 AktG erfolgt sind, müssen nach dem Gesetzestext eine „elektronische Kommunikationsadresse“ enthalten. Da diese elektronische Kommunikationsadresse kraft Gesetzes vorgeschrieben ist, ist auch deren Nutzung dem Unternehmen ohne weitere Zustimmung des Aktionärs erlaubt.

Der Passwortbrief als Mittel

Aber auch wenn die Emittenten keine E-Mail-Adressen eines Aktionärs vorliegen haben, kann die Papierflut reduziert und die Nutzung digitaler Medien bei Namensaktien forciert werden. Derzeit übliche Praxis ist es, neben einem Anschreiben des Vorstands, einigen Hinweisen zur Anmeldung, den Angaben nach Tab. 3 EU-DVO 2018/1212 und Zugangsdaten zum Aktionärsportal einen papierhaften Anmeldebogen mit verschiedenen Optionen der Eintrittskartenbestellung, Vollmachtserteilung und Stimmabgabe mitzusenden. Dieser Bogen kann per Post (oder E-Mail; Fax wird aus datenschutzrechtlichen Gründen zumeist nicht mehr angeboten) an die Anmeldestelle zurückgesandt werden.

Und genau dieser Anmeldebogen kann eingespart werden – mit langfristiger Wirkung: Erhält ein Aktionär keinen Vordruck, so ist die Hemmschwelle, sich in das Aktionärsportal einzuloggen und hier seine Eintrittskartenbestellung und/oder Stimmabgabe vorzunehmen, deutlich reduziert. Und noch besser: Aktionäre, die sich in das Portal einloggen, können dort auch ihre Einwilligung für den zukünftig elektronischen Versand von Unterlagen erteilen, sodass die eingangs erwähnten datenschutzrechtlichen Bedenken grundsätzlich nicht zum Tragen kommen.

Neben dem Anmeldebogen ergeben sich darüber hinaus noch weitere aus nachhaltigkeits- und verfahrensökonomischen Gründen begrüßenswerte Einsparpotenziale: Aktionäre können sich die Eintrittskarten nach Bestellung direkt im Portal herunterladen. Verzögerungen wie beim Postversand gibt es nicht.

Inhaberaktien mit Nachholpotenzial

Die Digitalisierung bei Inhaberaktien scheint hingegen noch auf sich warten zu lassen. Nachdem die Kommunikation hier grundsätzlich über die depotführende Bank entlang der Verwahrkette laufen muss, ist eine digitale Kommunikation zwischen Emittent und Aktionär im Anmeldeprozess nur bedingt möglich, denn die Banken übermitteln bei der Anmeldung lediglich Postadressen. Eine Weitergabe der E-Mail-Adressen erfolgt unter Hinweis auf den Datenschutz nicht.

Dies ist unverständlich, denn von den meisten Kunden sollte der depotführenden Bank mittlerweile eine E-Mail-Adresse vorliegen und eine Einwilligung der Weitergabe kann mit der Eintrittskartenbestellung eingeholt werden – sofern dies überhaupt erforderlich wäre. Gemäß den Vorgaben einer EU-Verordnung zur Aktionärsidentifikation ist die Adresse ohnehin anzugeben.

Fazit

Nach der Virtualisierung der Hauptversammlung ist die Digitalisierung des Anmeldeprozesses der nächste logische Schritt. Insbesondere für Kleinstaktionäre sinkt die Hürde, ihre Aktionärsrechte umfassend ausüben zu können. Nebeneffekt für die Gesellschaften: Kosteneinsparungen durch weniger Papier, weniger Porto, weniger Bearbeitungsaufwand – unter ESG-Gesichtspunkten eine echte Win-win-Situation für alle Beteiligten. In Zeiten, in denen digitale Neobroker zunehmend neue Personenkreise an die Börse führen, ist eine Digitalisierung der Anmeldeprozesse eine Aufgabe, die nicht länger warten kann.

Autor/Autorin

Daniela Gebauer, Senior-Beraterin bei Computershare Deutschland GmbH & Co. KG
Daniela Gebauer

Daniela Gebauer ist Senior-Beraterin bei Computershare Deutschland GmbH & Co. KG.

Maximilian Pfleger

Maximilian Pfleger ist Teamlead Registry bei Computershare Deutschland GmbH & Co. KG.