In einem kleinen Land wie Österreich spielt Investor Relations eine besondere Rolle. Hier müssen Unternehmen besondere Anstrengungen unternehmen, um internationale Investoren auf sich aufmerksam zu machen. Erstaunlich viele von ihnen befinden sich auf einem hohen Niveau.

Bis zum Jahr 2011 nahm man es bei Semperit mit Investor Relations (IR) nicht so genau: Natürlich ging der Hersteller für Industrie- und Medizinprodukte auf Roadshows und erfüllte die Transparenzstandards des Prime Market der Wiener Börse. Doch über ein Mindestmaß gingen die Anstrengungen nicht hinaus. Dazu bestand auch keine dringende Notwendigkeit: Das Unternehmen ist stets solide gewachsen, das Geschäft war stabil. Neuer Schwung kam durch einen Management-Wechsel im Jahr 2011, bei dem auch die Wachstumsstrategie von durchschnittlich 10% ausgegeben wurde. Der neue CEO und CFO besetzten erstmals so grundlegende Posten wie Tax, Prokura, aber auch Investor Relations. Finanzkennzahlen werden nun bis ins EBIT heruntergerechnet und getrennt nach Geschäftssegmenten zur Verfügung gestellt. Als eines der wenigen Unternehmen stellt Semperit Conference Calls im Netz zur Verfügung, neben den obligatorischen quartalsweisen Finanzreportings auch die entsprechenden Investorenpräsentationen, die ungleich ansprechender aufbereitet sind. Auch die laufende Pressearbeit wurde ausgebaut. Aus dem österreichischen Industrieunternehmen mit einer Market Cap von 720 Mio. EUR wurde ein Player, der sich auf Anhieb sehen lassen kann.

Der Fall der Semperit AG Holding ist beispielhaft für Chancen und Dilemma österreichischer Unternehmen: Oft sind sie Hidden Champions in ihrem Bereich, hinken im internationalen Vergleich aber ihrem großen Bruder Deutschland hinterher. Auch der Markt fällt im Vergleich kleiner aus: Die größte Marktkapitalisierung wird von Unternehmen wie Erste Bank Group und Voestalpine gestellt (rund 10 Mrd. EUR) – insgesamt nicht gerade ein Markt, der Investoren zum Absahnen einlädt. Dennoch entwickelten die Unternehmen in den letzten Jahren einen gewissen Ehrgeiz, gerade was internationale Investoren angeht, und können dabei vermutlich durch ganz andere Qualitäten punkten.

Faktor persönliche Beziehung

Im Fall der Semperit erhielt beispielweise auch der persönliche Kontakt zu den Investoren neue Wertschätzung und wurde auf neue Füße gestellt: Zusätzlich zu mit der Wiener Börse organisierten Roadshows ergreift das Unternehmen auch selbst die Initiative. Beim Antritt des neuen Managements wurden Investoren persönlich besucht und bekannt gemacht, auch sonst ist es ständig verfügbar. „Vor allem langjährige Aktionäre z.B. in den USA freuten sich, dass wir sie plötzlich besuchen kamen, und waren positiv überrascht“, erzählt Stefan Marin, bei Semperit für die Investor Relations zuständig, rückblickend. So viel Nähe kam schließlich gut an, auch bei den Analysten: Die Research Coverage konnte seitdem von vier auf sechs Berichte gesteigert werden.

Persönliche Kontakte sind auch für das Familienunternehmen Rosenbauer AG entscheidend, wenn es um das Thema internationale Bekanntheit geht. Die Vorzüge ihres Unternehmens für Investoren beschreibt Gerda Königstorfer so: „Wir sind ideal für institutionelle Investoren, die an einem langfristigen Investment interessiert sind und für die nicht nur Earnings per Share zählen“, so die IR-Managerin. Hier zahle sich eben aus, dass man die Vorzüge eines kleineren Familienunternehmens mit einer Börsennotiz verbinden könne. Doch das muss man erst mal bekannt machen. Dazu zähle auch der persönliche Kontakt, den man mit Investoren auf internationalen Roadshows pflege und die immer wieder aktive Teilnahme an der Community. Für ein Unternehmen in dieser Größenordnung ist das eher ungewöhnlich: Der Feuerwehrgerätehersteller aus der Kleinstadt Leonding kommt auf eine Marktkapitalisierung von aktuell 388 Mio. EUR.

Doch auch für die Rosenbauer AG zahlt sich der Fleiß aus: Die Research Coverage, normalerweise ein Problem der kleineren Werte des Wirtschaftsstandorts, ist bei dem Unternehmen überdurchschnittlich gut: Berenberg, Kepler Cheuvreux und Raiffeisen Centrobank gaben ihre kursgebundene Kaufempfehlung ab.

Im Fall von Semperit hat die internationale Präsenz auch einen ganz praktischen Grund: Ein Großteil der Aktionäre ist verstreut in Europa oder den USA, wie z. B. der auf Small Caps fokussierte Legg Mason / Royce & Associates-Fonds. Auch wenn sich das Unternehmen zu 54% in der Hand der Großaktionärin B & C Privatstiftung befindet, ist das für Marin kein Grund, sich zurückzulehnen: „Von einem deutschen Konzern wird quasi erwartet, dass er international tätig ist. Wir als kleineres österreichisches Unternehmen hingegen sorgen bei einer Roadshow in den USA schon mal für Überraschung, dass wir so global aufgestellt sind“ so Marin. Keine Frage: Für österreichische Unternehmen gibt es im Bereich IR ungleich mehr zu tun.