Barbara Klein, Rechtsanwältin und Steuerberaterin, bdp Bormann, Demant & Partner Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer

Das neue Schuldverschreibungsgesetz ist am 5. August 2009 in Kraft getreten und nunmehr seit zweieinhalb Jahren in der Bewährungsprobe. Abgelöst wurde damit das alte Schuldverschreibungsrecht von 1899, das bis dahin nahezu unverändert fort galt. Das alte Recht hat kaum je praktische Relevanz erfahren, da dessen Anwendungsvoraussetzungen – Abwendung Zahlungseinstellung bzw. Insolvenz des Unternehmens – sehr eng definiert waren und die Möglichkeiten einer Anleihenumstrukturierung mit wenigen zeitlich begrenzten „Notfallmaßnahmen“, die im Wesentlichen die Zinsen und die Veränderung der Fälligkeit der Hauptforderung betrafen, nur sehr begrenzt waren.

Das neue Schuldverschreibungsrecht ermöglicht eine gut vorbereitete und strukturierte Veränderung von Anleihebedingungen ohne den massiven zeitlichen Druck, den drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit regelmäßig verursachen. So ist es möglich, eine der jeweiligen Unternehmenssituation und auch Rechtsform des Unternehmens angepasste Veränderung von Anleihebedingungen zu konzipieren. Für Altanleihen, die vor dem 5. August 2009 begeben wurden, gilt grundsätzlich das alte Recht, jedoch beinhaltet das neue Recht eine Übergangsvorschrift verbunden mit einem sogenannten Opt-in.

Fallbeispiel: Debt-to-Equity-Swap in einer AG

Von dieser Möglichkeit hat eine durch bdp begleitete, in Berlin ansässige AG Ende 2010 Gebrauch gemacht. Auf einer Gläubigerversammlung fassten die Gläubiger mit Zustimmung der Emittentin den Beschluss zur Anwendbarkeit des neuen Rechts. Auf einer weiteren Gläubigerversammlung der Gesellschaft im März 2011 wurde die Anleihe mit deutlicher Zustimmung der Gläubiger nach den Maßgaben des neuen Schuldverschreibungsgesetzes umfassend umstrukturiert.

Bei dieser AG stand im Vordergrund, mit der bestehenden Anleihe und deren nahender Endfälligkeit auch zukünftig handlungsfähig zu bleiben. Die Gläubiger hatten das Unternehmen bereits mit positiven Beschlüssen zu Zinsverzichten und Zinsreduktionen unterstützt – wesentlich war aber die herannahende Endfälligkeit der Anleihe, Rückzahlung zu 100% des Nennwertes, und damit einhergehend ein Liquiditätsabfluss, welchen das Unternehmen aus der Perspektive ex ante nicht zu leisten imstande war und für den keine alternative Umschuldungsmöglichkeit in Betracht kam.

Ein Debt-to-Equity-Swap kann helfen, existenzbedrohende Löcher in der Unternehmensfinanzierung zu schließen. Foto: Bilderbox.de

Insofern waren Maßnahmen erforderlich, die aus dem Nennwert der Anleihe resultierenden Verbindlichkeiten der aktuellen Unternehmenssituation anzupassen. Zielvorgabe war, den Gläubigern auch weiterhin die Chance auf AG-Erträge zu sichern. Dadurch schied ein definitiver Kapitalschnitt in Form eines Verzichts der Gläubiger auf die Hauptforderung bzw. auf Teile der Hauptforderung aus.

Als Alternative dazu bot sich die Beteiligung der bisher nur mit einem schuldrechtlichen Anspruch ausgestatteten Gläubiger an der AG an, dies im Wege einer Wandlung der Anleihen in Vorzugsaktien mit einer vom Unternehmen garantierten Dividende. Das Wandlungsverhältnis Anleihen in Aktien hatte dabei zwar die aktuelle Unternehmenssituation zu berücksichtigen, dennoch bot dieser Tausch den Gläubigern die Möglichkeit, zukünftig garantiert an potenziellen Erträgen des Unternehmens zu partizipieren sowie zukünftig eintretende Wertsteigerungen der Aktien realisieren zu können.

Beachtung der Rechtsform der Emittentin

Die Beschlussfassung erforderte eine umfangreiche Vorbereitung, da das neue Schuldverschreibungsrecht zwar vielfältige Möglichkeiten der Umstrukturierung von Anleihen vorsieht, die einzelnen Maßnahmen aber auch den jeweils einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben der Emittentin einer Anleihe genügen müssen.

Die bei dieser Anleihenrestrukturierung umzusetzenden Maßnahmen mussten auch entsprechend den aktienrechtlichen Regelungen gestaltet werden. Dies betraf im Wesentlichen die notwendigen Kapitalmaßnahmen zur Ausgabe neuer Aktien, die gemäß einem bestimmten Wandlungsverhältnis für die bestehenden Inhaberschuldverschreibungen gewährt wurden. Es wurde frühzeitig bedingtes sowie zusätzlich genehmigtes Kapital geschaffen. Die Anleihebedingungen wurden umfassend umgestaltet in Anleihebedingungen einer Inhaberwandelschuldverschreibung, damit die Wandlung auch nach aktienrechtlichen Vorgaben reibungslos erfolgen konnte.

Bedingtes Kapital ist auf 50% des bestehenden Grundkapitals beschränkt – und das sich daraus ergebende Volumen reichte im vorliegenden Fall nicht aus, um das angestrebte Wandlungsverhältnis bedienen zu können. Aus diesem Grund musste zusätzlich genehmigtes Kapital geschaffen werden.

Ausblick

Die Anleihe wurde vollständig im September 2011 gewandelt, die erforderlichen Eintragungen im Handelsregister sind erfolgt. Mit Eintragung im Handelsregister war die Restrukturierung dieser Anleihe abgeschlossen; die bisherigen Anleihegläubiger sind nunmehr Vorzugsaktionäre der AG und werden 2012 erstmalig ihre garantierte Dividende erhalten.

 

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