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Die diesjährige und damit aktuelle Studie von Peter Hajek Public Opinion Strategies zum „Anlegen am Aktienmarkt“, eine umfangreiche Befragung der österreichischen Bevölkerung und beauftragt vom Aktienforum, zeigt immerhin in die richtige Richtung. Baustellen bestehen aber auch 2021 noch für den Kapitalmarkt Österreich. 

Befragt wurden erneut rund 1.000 Personen als Stichprobengröße. Die Basisfrage: Welche Formen der Geldanlage besitzen Sie? So legte die Quote bei Aktien- und Anleihefonds sowie bei Aktien-Direktinvestments erwähnenswert zu, bei Anleihen leicht (siehe Abb. 1). Wären Sie prinzipiell am Kauf von Wertpapieren interessiert? – Diese Frage beantworten mit Ja indes genau wie im Vorjahr 25% der Befragten U-30, gebildet und männlich.

Mag. Karl Fuchs
Geschäftsführer, Aktienforum

Wahrnehmung des und Engagement am Kapitalmarkt sind auch in Österreich alles andere als ein Selbstläufer, erläutert Karl Fuchs, Geschäftsführer des Aktienforums – Österreicher Verband Aktien-Emittenten und -Investoren, im Gespräch mit dem GoingPublic Magazin: „Ein innovativer Wirtschaftsstandort braucht einen starken Kapitalmarkt.“ Diese Aussage würde auch 2021 so ziemlich jeder europäische Verband unterschreiben, inkl. und speziell der des größeren nordwestlichen Nachbarn. Deutschlands Aktionärsverbände monieren unverändert praktisch dieselben Punkte – und das auch nicht erst seit gestern.

Beim Kenntnisstand zu Veranlagungen der Börse ergab sich sogar ein leichter Rückgang von 18% auf 16%, die mit „sehr gut“ antworteten – sicherlich innerhalb der Messgenauigkeit zu erklären. Das sei laut Fuchs durchaus bedauerlich, denn: „Der Kapitalmarkt geht uns alle an und ist das Fundament für wirtschaftliche Stabilität in Krisenzeiten.“

Kapitalmarkt Österreich 2021Corona: Hat es etwas verändert?

Interessant ist heuer wie auch schon letztes Jahr, ob die Coronapandemie eine Verhaltensänderung im Spar- und Anlageverhalten bewirkt hat. 40% sparen mehr als zuvor, allerdings haben die Haushalte auch mehr Geld frei zur Verfügung – schließlich konnte man während der Lockdowns praktisch nichts unternehmen, u.a. nicht reisen.

Fehlendes Wissen über den Aktienmarkt beklagen 40% und weitere 20%, auf die das „fast vollständig“ zutreffe. Dieser Punkt bleibt anscheinend der wichtigste Faktor für „Nicht-Anlegen am Aktienmarkt“. Zweitwichtigster genannter Punkt in der gestützten Abfrage war, das persönliche Vermögen sei zu klein – zumindest gefühlt: Auf 36% und weitere 18% treffe dies voll bzw. fast vollständig zu. Beide Werte gingen gegenüber der identischen Befragung vor einem Jahr jedoch um fünf bzw. drei Prozentpunkte zurück – mithin eine kleine, aber messbare Verbesserung in die richtige Richtung.

Zu „arm“ für eine Aktienanlage?

Als Motivationsfaktor, überhaupt in Aktien anzulegen, machte die Aussage „Die Rendite müsste deutlich besser sein als auf meinem Sparbuch“ das Rennen. 31% fanden diese Antwort am überzeugendsten, 18% allerdings überhaupt nicht. 17% sahen ein Vermögen von 200.000 EUR als Voraussetzung, „es sich leisten zu können“, was die obige Einschätzung zur Nicht-Anlage am Aktienmarkt in den erklärenden Kontext rückt: Diese Privatpersonen fühlen sich bei einem Vermögen unterhalb der fiktiven Grenze von 200.000 EUR „zu arm“, sich mit dem Thema Aktienanlage auseinanderzusetzen.

Ein wichtiger Punkt einer solchen Erhebung ist sicherlich, was sich denn bewerkstelligen ließe, um Österreicher und Aktien noch ein Stück weit näher zusammenzubringen. 44% nennen Wirtschafts- und Finanzbildung in Schulplänen – erheblich mehr als die 33% noch vor einem Jahr. Auch die steuerliche Begünstigung scheint sich durchzusetzen: 40% nannten diesen Punkt als Faktor, nur 34% im Vorjahr. Und schließlich auch die staatliche Förderung von Pensionskassenvorsorgemodellen, die heuer auf 33% kamen, nach 28% vor einem Jahr – sogar erst nur 22% bei der Umfrage 2017.

Das kann Fuchs nur bekräftigen: „Gerade jetzt – post Corona – brauchen wir attraktive Rahmenbedingungen, etwa durch steuerliche Anreize, wie eine Behaltefrist, oder einen noch stärkeren Fokus auf Wirtschafts- und Finanzbildung.“

Finanzbildung ist ein wichtiger Ansatzpunkt, um die
Bereitschaft zur Investition in Aktien zu erhöhen; Foto: © Wiener Börse AG

Fazit

Die Angaben eines Querschnitts durch die österreichische Bevölkerung dürften den Ergebnissen ähneln, die auch beim größeren Nachbarn Deutschland so oder ganz ähnlich herauskämen. Die genannten Baustellen sind gewiss nicht neu, sondern wohlbekannt – die Frage ist: Wer sieht sich in der Verantwortung, diese anzugehen? Die monierten Punkte Lehrpläne, Vorsorgemodelle und steuerliche Begünstigungen können nur in der jeweiligen Hauptstadt entschieden werden und müss(t)en von höchster Stelle gutgeheißen und gefördert werden. In dem Punkt besteht keinerlei Unterschied zwischen Berlin und Wien – und womöglich zahlreichen anderen europäischen Hauptstädten.

 


Dieser Beitrag ist Teil des GoingPublic Specials „Kapitalmarkt Österreich 2021“ und auch im kostenlosen E-Magazin zur Ausgabe enthalten.