Man gewöhnt sich ja an so ziemlich alles. Enttäuschende Zahlen enttäuschen nicht mehr, eher vermögen angehobene Prognosen und erfüllte Planzahlen bei den Unternehmensgewinnen Mißtrauen zu erwecken. Bestimmt hat da wieder jemand getrickst. Tiefststände und Buchverluste sind längst die Regel und Börsengänge die Ausnahme geworden. Insolvenzen quer durch den Börsenzettel lassen alle Beteiligten sich die Haare raufen. Doch wer jetzt dank solider Finanzierung und halbwegs stabilem Cash Flow auf Kurs bleibt, gehört wahrscheinlich zu den Gewinnern der Zukunft. Die Evolution der Wirtschaft ist in vollem Gange.

Eine kleine Betrachtung der Pioniere und Herden der Märkte lohnt sich: Investmentfonds werden, durch Wertverluste und Mittelabflüsse breiter Anlegerschichten geschrumpft, geschlossen oder zusammengelegt. Große Fonds institutioneller Anleger, deren Renditeziele schon deutlich bescheidener geworden sind, wissen dagegen nicht, wohin mit der Liquidität. Venture Capital- und Private Equity-Fonds sitzen auf Bargeldbeständen, von denen ein kleiner Bruchteil manchen Unternehmer glücklich machen würde. Gleichzeitig stehen auch die Insider eher auf der Käuferseite.

Erinnern Sie sich? Als sich Kleinanleger um Aktien rissen – speziell solche, die frisch an die Börse kamen und die man ganz bestimmt ein letztes Mal so billig bekommt und dann nie mehr wieder – standen Insider und institutionelle Fonds auf der Verkäuferseite.

Neben vielen profitablen Technologieunternehmen sind auch Beteiligungsgesellschaften stark unter die Räder gekommen. Einige Aktien von Unternehmensfinanzierern sind sogar mit dramatischen Abschlägen auf die stark gesunkenen inneren Werte erhältlich. Es ist nicht vermessen, von einem Pessimismus historischen Ausmaßes zu sprechen. Je mehr Anleger sich darauf einstellen, daß zumindest mittelfristig nichts am Kapitalmarkt zu holen ist, um so kleiner ist das Häuflein derer, die sich zu Tiefstkursen eindecken. Die zu erwartenden Verschiebungen in den Besitzverhältnissen an Unternehmen könnten einige Überraschungen hervorbringen.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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