Spätestens seit Michael Douglas alias Gordon Gekko die weisen Regeln im Kultfilm Wall Street zitiert hat, dürfte sich herumgesprochen haben, daß altertümliche Schlachten mit neuzeitlichen Wirtschaftskriegen einiges gemein haben.

Chris Gent, der mit seinem Unternehmen Mannesmann erobern möchte, scheint ebenfalls bei Sun Tzu nachgelesen zu haben, bevor er seinen jüngsten Coup landete. Sun Tzu sagt: „Wenn der Sieg lange auf sich warten läßt, so werden die Waffen Deiner Männer stumpf und ihr Siegeswille geschwächt. Wenn Du eine Stadt belagerst, so wirst Du Deine Kräfte aufbrauchen.“ Das weiß auch der Vodafone-CEO. Je länger die Übernahmeschlacht andauert, desto schwächer wird seine Position. „Obwohl es im Krieg auch dumme Hast gibt, ging Cleverness noch nie mit langen Verzögerungen einher.“ Der Vorhang für das Übernahmeangebot fällt am 7. Februar und bis dahin wollen die Aktionäre sehen, welches von den beiden Unternehmen handlungs- und zukunftsfähiger ist. Kurz: Esser oder Gent? Wer ist der bessere Feldherr?

Um diese Frage zu beantworten hören wir uns an, was ein guter Feldherr tut: „Die höchste Form der Feldherrenkunst besteht in der Zerstörung der gegnerischen Pläne. Das nächstbeste ist die Verhinderung des Zusammenschlusses gegnerischer Kräfte.“ Was waren die Pläne von Mannesmann Vorstand Esser? ‚Mannesmann ist zukunftsträchtiger als Vodafone’, so das erste Leitmotiv Essers Abwehrstrategie. Durch die Internet-Allianz mit Deutsche Bank und die im Fernsehen angeheizten Gerüchte einer möglichen Beteiligung an AOL Europe, wollten die Düsseldorfer Internetkompetenz beweisen, die die Briten angeblich nicht in dem Maße vorweisen könnten. Vodafone konterte prompt. Durch eine Vielzahl von Internet-Deals im Bereich WAP (wireless application protocoll) werden sowohl Content-, als auch e-Commerce-Lösungen für Vodafone Handys offeriert und durch eine Psion-Allianz ist man auch im Bereich Kleincomputer präsent. Die britische Wirtschaftspresse, die wesentlich mehr Mannesmann Aktionäre erreichen dürfte, als die deutsche Presse, hat diese Neuigkeiten am Samstag willig verbreitet. Kommunikation entscheidet.1:0 für Gent.

Ein zweiter Kern Essers Verteidigungsstrategie war eine Allianz mit dem französischen Multi Vivendi an der in den letzten Wochen gefeilt wurde. Gent wußte dies und handelte entsprechend. „Greife dort an wo der Gegner nicht darauf vorbereitet ist – erscheine dort wo er es nicht erwartet“, so Sun Tzu. Jeder blickte auf Mannesmann-Vivendi, doch Gent kam, sah und siegte. Am gestrigen Sonntag gab Vodafone einen milliardenschweren Internet Deal mit wem schon? – mit Vivendi bekannt. Das 50:50 Joint Venture mit dem Namen MAP („multi-access-portal“) wird Internet-Dienste für 70 Mio. Kunden anbieten. Der Deal steht unter dem Vorbehalt, daß Vodafone die Mannesmann-Schlacht gewinnt. „Das bedeutet, daß sie (Vivendi) davon ausgehen, daß wir gewinnen“, kommentierte Gent. Ein Börsengang von MAP ist ebenfalls schon angedacht. Der Vodafone Aktienkurs dürfte damit weiter haussieren, was das Übernahmeangebot attraktiver macht. 2:0 für Vodafone.

„Derjenige wird gewinnen, der sich vorbereitet, abwartet und den Gegner unvorbereitet angreift.“ Genau das hat Gent getan und momentan sieht alles danach aus, als hätte er den entscheidenden Schachzug vollzogen. Doch ist die Schlacht noch nicht zu Ende und „so wie Wasser keine bleibende Form hat, so gibt es auch im Krieg keine konstanten Bedingungen.“ Es erscheint aber wahrscheinlicher denn je, daß Vodafone am Ende triumphieren wird.

Einen Satz aus Sun Tzus Buch muß der Offizier und Gentleman trotz alledem übersehen haben: „Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft.“

Die GoingPublic-Kolumne erscheint in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

Autor/Autorin