Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, beide (noch) SPD-regiert, wollen durch eine Bundesratsinitiative die Vermögenssteuer wieder einführen. Dabei ist geplant, Geld-, Immobilien- und andere Vermögen mit 1 % zu besteuern. Es ist jedoch zu beachten, daß anders als bei anderen Steuerarten die Besteuerung der Substanz und nicht der Erträge erfolgt. Dabei soll es natürlich hohe Freibeträge geben…

In Deutschland werden Erträge mit einem Spitzensteuersatz von 48,5 % besteuert. Hinzu soll nun eine Substanzbesteuerung von 1 % kommen. Der Slogan von Sigmar Gabriel müßte daher eigentlich lauten 1 % von 100 % plus 48,5 % von 100 %.

Wie absurd solche Umverteilungsparolen – angeblich sozialdemokratischen Ursprungs – im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld sind, veranschaulicht ein Blick auf die ökonomischen Rahmenbedingungen. Zunächst sollte analysiert werden, welche Erträge mit welcher Anlage- / Vermögensform überhaupt realisiert werden können:

– Immobilienvermögen (eigengenutzt 0 %, vermietet ca. 4 %)
– Betriebsvermögen (aktuell oftmals defizitär)
– Aktienmarkt (völlig unklar)
– Anleihen (Umlaufrendite aktuell 4,27 %; die Umlaufrendite wird aus den Renditen von umlaufenden, also gehandelten Anleihen ermittelt. Die durchschnittliche Umlaufrendite wird z.B. aus den Renditen umlaufender Anleihen zwischen 3,5 und 10 Jahren abgeleitet.)

Die höchste Rendite kann somit aktuell wahrscheinlich mit Anleihen erzielt werden. Was dies für vermögende Personen bedeutet, zeigt die folgende Rechnung:

Vermögen: 10 Mio. Euro,
Rendite/Zinsen: 0,427 Mio. Euro,
Steuerbelastung: 48,5 % auf die Erträge,
Vermögenssteuer: 1 % auf die Substanz,

Einkommensteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag: ca. 0,22 Mio. Euro (Bayern, Steuerklasse 1),
Vermögenssteuer: 100.000 Euro (Zinszahlung nicht berücksichtigt),

Besteuerung gesamt: 0,323 Mio. Euro,
Gesamtsteuersatz: 76 %
(der Einkünfte)

Die Rechnung stellte sogar noch ein ausgesprochen positives Szenario für den steuerpflichtigen Vermögenden dar, da im Rechenbeispiel angenommen wird, daß er sein gesamtes Vermögen in Anleihen investiert habe. Jedes andere Investment läßt tendenziell seine Nachsteuer-Rendite eher sinken. Wer viele Aktien oder ein hohes Betriebsvermögen hat, läuft Gefahr, trotz teils massiver Verluste noch Steuern zahlen zu müssen.

Sigmar Gabriel sollte sich seine Sprüche künftig ein bißchen besser überlegen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Schweiz Mitte dieses Jahres die Regelungen für einen Zuzug von Ausländern deutlich gelockert hat. Vielleicht jammert Gabriel daher schon bald „0 % für 100 %“…

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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