Wurde die Ausgliederung von Konzerngesellschaften mit anschließendem Initial Public Offering (IPO) vor Jahren kaum beachtet, so sind sie heute zum Tagesgeschäft geworden.

1999 war in dieser Hinsicht sehr ereignisreich. Mit den Börsengängen von Stinnes, Agfa-Geveart, debitel und Epcos standen in diesem Jahr gleich vier Spin-Offs auf dem Programm. Und das mit jeweils hohem Emissionsvolumen. So wurde insgesamt ein zweistelliger Milliardenbetrag von den Anlegern eingesammelt. In den USA wurde diese Art der Unternehmensfinanzierung schon weitaus früher erwachsen. Auch Japan folgt diesem Trend. So kündigte der führende Hersteller von Telekommunikationstechnik, die NEC Corp., Tokio, jüngst die Ausgliederung dreier Konzernsparten und deren folgenden Börsengang an.

Doch was verbirgt sich eigentlich hinter einem solchen Spin-Off? Eine „Speiche“ des Unternehmens, also ein Geschäftsbereich, wird in eine neue Gesellschaft ausgegliedert. Bei einem echten Spin-Off werden dabei die neuen Anteile ausschließlich an die Aktionäre der Muttergesellschaft entsprechend ihrem Besitzanteil abgegeben. Die Aktionäre erhalten somit im gleichen Verhältnis Anteile an der neuen Gesellschaft. In der Regel geht mit einer solchen Maßnahme auch ein Börsengang des neuen Unternehmens einher. Verkauft die Muttergesellschaft einen Teil ihrer Beteiligung an der Börse, wird von einem Equity Carve-Out gesprochen.

Mit der Ausgliederung sollen Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet, vorangebracht und oftmals auch unrentable Geschäftsbereiche auf Vordermann gebracht werden. Außerdem kann durch die Eigenständigkeit des neuen Unternehmens dieses besser bewertet werden, die Zahlen der Muttergesellschaft werden transparenter und Arbeitnehmer können besser motiviert werden, denn durch die Umstrukturierung können leitende Mitarbeiter zu Vorständen gemacht und auch verstärkt Belegschaftsaktien ausgegeben werden. Ein Beitrag zu mehr Unternehmertum also.

Verfolgt man jedoch die Kursperformance der neuen Gesellschaften, glänzt längst nicht alles, was Gold ist. So steht der Kurs der debitel-Aktie mit 25 Euro heute unter dem Ausgabepreis von 31 Euro. Bei Agfa-Gevaert und Stinnes sieht die bisherige Bilanz etwas positiver aus. Bei Agfa notiert der heutige Kurs von 20,45 Euro nahe dem Emissionspreis von 21 Euro und bei Stinnes ist bei diesem Vergleich sogar ein Plus von 35,3 % zu verzeichnen. Highflyer ist der Siemens Spin-Off Epcos. Der Bereich Passive Bauelemente des Elektronikkonzerns wurde mit einem Kurs von 31 Euro an die Börse gebracht. Heute steht der Kurs bei 74 Euro. Ein deutlicher Gewinn von 138,7 % für die Aktionäre, die von Anfang an dabei waren.

Wann darf ein Carve-Out als erfolgreich bezeichnet werden? Bei der hohen Anzahl an Neuemissionen scheint es prinzipiell leichter, eine Konzerngesellschaft an die Börse zu bringen. Ob es die Anleger dem Neuling aber automatisch mit Kursgewinnen danken, darf bezweifelt werden. Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey hat ergeben, daß bei Equity Carve-Outs in den USA die Kursgewinne der Unternehmen, bei denen die Muttergesellschaft mehr als 50 % der Anteile behielt, langfrisitg über den Zuwächsen des Russel 2000-Index lag. Im Durchschnitt allerdings konnten die Spin-Offs den breiten Markt-Index nicht schlagen. Was folgert der kluge Anleger daraus? Verkauft ein Konzern den Großteil seiner Anteile, und wird die Equity-Story nicht offen kommuniziert, scheint ein Mißerfolg vorprogrammiert.

Was andererseits durch ein Spin-Off an Mehrwert geschaffen werden kann, zeigt das Beispiel Lucent Technologies. Der Carve-Out des Telefonriesen AT &T konnte von 1996-1998 seinen Kurs nahezu verzehnfachen, während sich derjenige der Muttergesellschaft „nur“ knapp verdoppelte. Mittlerweile ist die ehemalige Tochtergesellschaft Lucent an der Börse mehr wert als AT &T. Der Börsenwert von Lucent beträgt 242 Mrd. US-$, die Marktkapitalisierung der ehemaligen Mutter AT &T dagegen liegt bei 162,6 Mrd. US-$.

Was bleibt festzuhalten? Die Ausgliederung von Konzerngesellschaften hat deutlich zugenommen. 1999 war in dieser Hinsicht in Deutschland ein Rekordjahr. Auch für das nächste Jahr stehen einige IPOs dieser Art in der Pipeline. So z.B. der Börsengang der Siemens-Tochter Infineon im März, oder im Frühling das Börsendebüt von der comdirect bank und T-Online. Das neu gegründete, europäische Luft- und Raumfahrtsunternehmen EADS plant sein IPO für den Sommer des nächsten Jahres. Auch am Neuen Markt gelistete Werte werden gehaltene Beteiligungen über die Börse abstoßen. Es bleibt also spannend. GoingPublic wird Sie – wie immer mit fundierten Analysen – bestens darauf vorbereiten.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

 

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