Harvey Pitt hat Anfang der Woche seine Koffer gepackt. Nach nur 15 Monaten im Amt als oberster Chef der amerikanischen Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission, kurz SEC. Sein letzter Schachzug, dazu gedacht, das Gesicht zu wahren, und wahrscheinlich der objektiv klügste seiner ganzen „Karriere“ bei der US-Börsenaufsicht.

Mit Pitt als Wunschkandidat hat sich die amtierende Bush-Regierung alles andere als mit Ruhm bekleckert. Von Anfang an war für viele Kritiker klar: Damit wird der Bock zum Gärtner gemacht. Vor seiner Zeit bei der SEC hatte Pitt als Mitglied einer renommierten Washingtoner Anwaltskanzlei oftmals große Investmentbanken und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vor Gericht vertreten – und sollte als SEC-Chef auf einmal diesen mit Sanktionen und Gesetzen ans Leder gehen. Wer die Kritik zu Beginn für unberechtigt hielt, der wurde spätestens während Pitts Amtszeit eines Besseren belehrt.

Immer wieder traf er sich mit Vorständen der Unternehmen, gegen die er eigentlich im Zuge der Aufklärung unsauberer Geschäftsvorgänge mit seiner Behörde vorgehen sollte. Es schien, als fehlte es im an Motivation. Aber will schon gern seinen ehemaligen Arbeitgeber maßregeln.

In ein Fettnäpfchen der besonderen Art trat Pitt noch im Oktober, als er William Webster zum Chef der neu gegründeten Bilanzüberwachungsbehörde machte. Nicht nur, daß er ihn durchboxte, obwohl Webster allein wegen seiner Qualifikation für diesen Posten nicht die erste Wahl war. Es stellte sich im Nachhinein auch noch heraus, daß Webster dem Bilanzausschuß einer Technologiefirma vorgesessen hatte, die aktuell wegen Bilanzbetrug angeklagt wird. Wie Webster trotzdem angenommen wurde? Ganz einfach, Pitt hatte keinem – das Weiße Haus eingenommen – von Websters zweifelhafter Vergangenheit erzählt.

Bush und seine Republikaner haben die Kongreßwahlen trotzdem gewonnen. Aber nur Pitt ging, die Sachlage bleibt.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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