Thilo Tern, Partner, CAT Consultants GmbH & Co.

Natürlich gibt es in Deutschland nicht erst seit 25 Jahren Geschäftsberichte. Denn Unternehmen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft sind schon seit dem Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert verpflichtet, ihren Aktionären über ihr Geschäftsergebnis Rechenschaft abzulegen – auch wenn diese ersten „Geschäfts-Berichte“ damals nur wenige – zumeist mit Zahlen gefüllte – Seiten umfassten.

Aber: Diese doch eher spröden Werke änderten ihre Funktion als Rechenschaftsinstrument über mehr als 100 Jahre nur wenig – erst vor etwa 25 Jahren, als das Marketing auch im Investmentsektor Einzug hielt und sich mit dem Aufkommen des PCs völlig neue grafische Gestaltungsmöglichkeiten boten, begann die Renaissance des Geschäftsberichts. Schnell wurde seine Bedeutung zur Information breiter Zielgruppen – und nicht nur der Aktionäre – erkannt: Der Geschäftsbericht wurde neu erfunden und plötzlich zur „Visitenkarte“ des Unternehmens.

Geschäftsberichtsagenturen etablieren sich

Im Jahre 1986, also genau vor 25 Jahren, spezialisierte sich eine Design- und Satzagentur nur auf diese damals noch recht exklusiven Publikationen der Geschäftsberichte – es war die Geburtsstunde von CAT Consultants aus Hamburg. Die Partner der dritten Gesellschaftergeneration1 erinnern daran, was der Auslöser für den Start damals war: die durch den Einsatz von Grafik-Softwareprogrammen unendlich gesteigerten Möglichkeiten der visuellen Aufbereitung von „trockenen“, finanzbezogenen Informationen. Der Schub aus der ersten Welle der Börsengänge Ende der 80er Jahre – hierzu zählen die IPOs von Escada, Puma oder Hugo Boss – steigerte die Aufmerksamkeit für Geschäftsberichte deutlich. Die Bedeutung einer zielgruppengerechten und durch Business-Grafiken und Bildgestaltung unterstützten, marketingorientierten Aufbereitung der Berichte wurde erkannt. Und der Erfolg gab schnell recht: Eine zunehmende Zahl großer deutscher börsen- und nichtbörsennotierter Unternehmen gehörte bald zu den Kunden.

In den 90er Jahren und erst recht mit dem Start des Neuen Marktes wurde aus manchem Geschäftsbericht geradezu ein Werbeinstrument. Entsprechend strömten Werbeagenturen sowie neu gegründete Finanzkommunikationsdienstleister auf diesen Markt. Nicht ohne Stolz können wir sagen, dass sich aus dem Nukleus unseres Unternehmens in Hamburg eine recht übersichtliche Geschäftsberichts-Agenturszene entwickeln konnte, die dank ihrer soliden inhaltlichen Fundierung den Markt für Finanzkommunikation in Deutschland und seine Entwicklung wieder in seriöse Bahnen lenkte.

Die kommunikationstechnische Entwicklung schreitet durch die revolutionären Entwicklungen im IT-Sektor sehr schnell voran. Foto: Harald Wanetschka – Pixelio.de

Wachsende Professionalisierung in der Finanzkommunikation

Welchen Herausforderungen sehen sich Unternehmen und ihre Agenturen heute, in Zeiten schneller technologischer Entwicklungen und extremer Kapitalmarktentwicklungen, bei der Konzeption neuer Geschäftsberichte gegenüber?

Da wären aus der praktischen Erfahrung heraus drei Elemente zu nennen:

  • der wachsende Einfluss gesetzgeberischer Maßnahmen;
  • die atemberaubende kommunikationstechnische Entwicklung;
  • die umfassenden professionellen Anforderungen im Bereich Investor Relations.

Die Flut von Verordnungen, Gesetzen und Empfehlungen zum externen Rechnungswesen und der Corporate Governance hat in den vergangenen zehn bis 20 Jahren zu erheblichen Mehrbelastungen des Finanz- und Rechnungswesens, des Controlling und der Investor Relations geführt. Exemplarisch sei nur an die Risikoberichterstattung erinnert, die in einigen Branchen, vor allem bei den Banken, den Umfang der Geschäftsberichte fast verdoppelt hat. Es ist zu befürchten, dass die Regelungswut noch längst nicht ihre Grenzen erreicht hat.

Facebook und Twitter halten auch Einzug in den Investor Relations und werden die Aktionen der Beteiligten künftig immer stärker beeinflussen.

Die kommunikationstechnische Entwicklung schreitet durch die revolutionären Entwicklungen im IT-Sektor sehr schnell voran. Facebook und Twitter halten auch Einzug in den Investor Relations und werden die Aktionen der Beteiligten noch schneller und gnadenloser beeinflussen. In den Printmedien, wie den Geschäftsberichten, werden Redaktionsprogramme, die den individuellen Anforderungen der Unternehmen genügen, immer mehr zum Standard. Zudem werden die Verknüpfungen zur digitalen Welt immer enger – und „digitales Papier“, auf dem auch bewegte Bilder zu sehen sind, werden wohl bald Einzug halten.

Die Tätigkeit in den Investor Relations verlangt Allrounder, die in der Lage sind, betriebswirtschaftliche und strategische Sichtweisen mit IT-technischen Kenntnissen und Marketing zu verknüpfen. Angesichts des Arbeitsumfangs und der Aufgabenvielfalt der IR-Beauftragten werden an die Dienstleister in der Finanzkommunikation die gleichen hohen Ansprüche gestellt und stets aktuelle Fachkenntnisse verlangt.

Fazit

Die Finanzkommunikation muss regelmäßig neu erdacht werden – dies aber immer kundenorientiert, aus viel Erfahrung heraus und mit einer gehörigen Portion Spaß an der manchmal stressigen gemeinsamen Projektarbeit.

 

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