Beim Öl hört die Freundschaft auf, da kann die Pipeline noch so lange Druschba heißen. Das ist keine neue Erkenntnis. Der Wunsch nach weniger Abhängigkeit von russischem Öl ist verständlich, allein: Es bleibt ziemlich wenig Verhandlungsspielraum. Wer sollte als Ersatzlieferant auftreten? Das fest an der Seite der westlichen Welt mit Führungsnation USA stehende Venezuela? Libyen mit seinem umgänglichen, berechenbaren und verlässlichen Regierungschef? Der befriedete Irak oder der erst noch zu befriedende Iran? Das für seine korrekte und wohltätige Regierung weltweit beneidete Nigeria? Gewiss wäre eine gemeinsame europäische Energiepolitik hilfreich, doch auch deren Erfolg kann nur beschränkt bleiben. An der Tatsache, dass Öl importiert werden muss, führt kein Weg vorbei. Das gleiche gilt für Gas.

Warum nun das Unterlassen der zeitlich gestaffelten Abschaltung deutscher Kernkraftwerke im Bemühen nach mehr Versorgungssicherheit hilfreich sein sollte, ist allerdings nicht zu erkennen. Einen platteren politischen Vorstoß dürfte es in jüngster Zeit kaum gegeben haben. Es gibt atomgetriebene U-Boote, auf der Straße sieht man spaltfähiges Material aber allenfalls Huckepack in Castor-Behältern – wenn diese nicht gerade durch Tausende Demonstranten und noch mehr Polizisten verdeckt sind – auf Tiefladern, die praktischerweise Diesel tanken. Und wie man in Atomkraftwerken Plastikschüsseln, Bitumen, diverse Fasern und pharmazeutische Produkte herstellt, ist noch nicht endgültig erforscht.

Doch selbst wenn nach einer gewissen Zeit der Transformation der Energie-Transfer gelänge und die Wärme statt zum Aufheizen der Flüsse für Gebäude nutzbar gemacht werden könnte und Strom für die individuelle Mobilität – das Problem der Import-Abhängigkeit des Rohstoffes bleibt. Deutschland hat nicht nur kein Öl, sondern auch kein Uran. Hinzu kommt, dass das radioaktive Material auch nicht eben in rauen Mengen vorkommt. Die Wissenschaft streitet, welcher Rohstoff eher auszugehen droht: Öl oder Uran.

Es wäre volkswirtschaftlich verheerend, wenn die Politik den gleichen Fehler machen würde wie weiland nach dem ersten Ölschock. Allein das Geld, das beim „Schnellen Brüter“ in Kalkar in den niederrheinischen Sand gesetzt wurde, hätte als Forschungsgeld ausgegeben wahrscheinlich ausgereicht, die Bundesrepublik weit an die Spitze bei der industriellen Anwendung regenerativer Energien zu katapultieren. Energiesicherheit, da sind aus deutscher Sicht Sonne, Wind, Wasser und Bioenergie als Mix unschlagbar. Und als Exporttechnologie eignen sich Solarmodule und Biogas-Kraftwerke allemal besser als ein Kernreaktor.

Stefan Preuß

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

 

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