Die laufende Amtszeit des US-Notenbankpräsidenten endet Mitte 2004. Dann hätte sich Alan Greenspan verdient in den Ruhestand verabschieden können. Mit immerhin schon 78 Jahren und nach 17 Jahren im Amt als Notenbankpräsident. Nun aber soll er weitermachen, noch eine Amtszeit bis 2006, weil Mr. President es gerne so hätte. George W. hatte einen neuen Nachfolger als obersten Hüter der US-Geldpolitik gesucht, seiner Kreativität freien Lauf gelassen und war zu dem Ergebnis gekommen, daß der amtierende Chef Alan Greenspan noch eine Amtszeit dranhängen sollte.

“Wenn Präsident Bush mich nominiert und der Senat seine Wahl bestätigt, bin ich für eine weitere Amtszeit bereit“. Das sagte Mr. Greenspan und ist Bush „sehr dankbar für sein Vertrauen“. Damit hat Bush die Nachfolgedebatte um den Chefposten der amerikanischen Notenbank schon beendet, noch ehe sie richtig entbrennen konnte. Man könnte ihm zugute kommen lassen, daß er auf Kontinuität setzt. Bewährtes erhalten, sozusagen.

Und nur das ist es wohl auch, was Bush gerne hätte. Der Irak-Krieg ist vorbei, und der Präsidentschaftswahlkampf Ende 2004 rückt näher. Damit es ihm nicht wie seinem Vater geht, ist Bush Junior auf eine (wieder) prosperierende Wirtschaft angewiesen. Das soll Greenspan richten, auch wenn ihm langsam die Mittel (Zinsspielraum) ausgehen. Gleichzeitig kann Bush mit der frühen Nominierung Greenspans die leidige Nachfolgedebatte aus seinem Wahlkampf heraushalten, denn Stimmen wären damit wohl kaum zu gewinnen gewesen. Bush II scheut auch hier eine offene Debatte, einen Diskurs; ein roter Faden, der sich durch die Regierungsaktivitäten der letzten zwei Jahre zieht.

Denn die Wahl Greenspans ist sicher kein glücklicher Schachzug. Seine neue Amtszeit wird er im Alter von 78 Jahren antreten, da ist manch ein Altersgenosse schon im Altersheim. Und selbst wenn Greenspan intellektuell wahrscheinlich noch jeden VWL-Studenten in die Tasche steckt, seine Physis ist trotzdem die eines alten Mannes. Es ist durchaus möglich, daß der Fed-Chef während seiner Amtszeit unerwartet schwer erkrankt, vielleicht sogar stirbt. Dann würde das eigentliche Problem des Phänomens Greenspan mit einem Mal erschreckend deutlich.

Das Vertrauen der Wirtschaft scheint übertrieben personenbezogen, fällt diese Person aus, schwindet auch das Vertrauen. Geschieht dies aber abrupt, käme das einem exogenen Schock gleich, den die amerikanische Volkswirtschaft mit aller Härte träfe – mit möglicherweise weitreichenden Konsequenzen. Die einzige Lösung wäre daher die sofortige Abkehr von der personengebundenen US-Geldpolitik, hin zu einer Richtlinien-orientierten Politik, wie es viele Ökonomen seit langem ohnehin fordern.

Die GoingPublic Kolumne erscheint zweimal wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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