Pünktlich nach der Präsidentschaftswahl in den USA wurde die Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak eingestellt. Ohne jedes Ergebnis. Der Haupt-Kriegsgrund ist damit schlicht nicht vorhanden gewesen. Angriffskrieg ohne UNO-Mandat, das kratzt am Image der Nation. Nun also der Iran. Es war zu erwarten, daß Vertreter der Allianz der Unwilligen rund um den Globus Alarm schlagen nach dem Motto: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht mehr.

Doch dieses Mal könnten die Dinge anders liegen. Der Iran bestreitet sein Atomprogramm keineswegs. Unmut entzündet sich an der Frage der ausschließlich zivilen oder eben auch möglichen militärischen Nutzung. Man muß der Regierung in Teheran nichts unterstellen, aber die Vorstellung, eine Atombombe könnte auch in der Hand von islamischen Extremisten landen, ist nicht unrealistisch.

Wenn George W. Bush diesen Sachverhalt in dieser Deutlichkeit anspricht, bleibt nach Abzug der Riesenportion Pathos und Weltverbesserungs-Attitüde nur eine Einschätzung: Er spricht auch im Interesse Westeuropas. Nichts würde die Welt mehr lähmen als die Vermutung, die Atombombe sei in Reichweite jener, die Jets in Hochhäuser fliegen.

Keine Frage: Der Diplomatie muß dieses Mal viel mehr Zeit eingeräumt werden als in der Irak-Krise, alle Anstrengungen für eine friedliche Lösung müssen unternommen werden. Aber sollte der Iran letztlich nicht einlenken, stehen die Zeichen zum jetzigen Stand der Informationen auf Konflikt. Das kann man zynisch nennen, westliche Arroganz, Herrschaftsdenken des Abendlandes und, und, und. Aber letztlich wäre jede andere Schlußfolgerung Selbstbetrug. Realistischerweise ist weiterhin festzuhalten: Deutschland wird sich gegebenenfalls kaum verweigern können wie richtigerweise im Falle des Irak.

Wie auch immer: Das Thema dürfte in den kommenden Wochen und Monaten die Börsen bewegen: Kann das US-Haushaltsdefizit überhaupt noch einen Krieg vertragen? Wie reagiert der Ölpreis? Und so weiter. Anleger werden weiterhin strapazierfähige Nerven benötigen. Doch bis auf weiteres besteht kein Grund, sich voreilig aus Aktien zu verabschieden: Die Entwicklung der Indices seit Beginn des Irak-Konfliktes bestätigt nur einmal mehr die Mutter aller zynischen Börsenweisheiten: Man muß kaufen, wenn die Kanonen donnern.

Stefan Preuß

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

 

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