Boah, ey – das hat voll gesessen: Erst mahnte Bundespräsident Horst Köhler die Manager zum Maßhalten bei den Bezügen, dann setzte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach: abgehobene Vergütungen würden den sozialen Frieden gefährden. Diese Form der Nächstenhiebe werden sich die Herren (Frauen spielen bei diesem Match nicht mit) Wiedeking, Ackermann, Bernotat oder Obermann bestimmt ganz dick hinter den Spiegel gesteckt haben. Und so richtig Schlottern und Zähneklappern dürfte die Forderung eines Linken-Lästerers ausgelöst haben, Spitzengehälter auf das 20fache eines Facharbeitergehaltes zu begrenzen. Nicht bei den Managen, sondern eher den Luxusgüter-Herstellern: Wer soll denn dann das ganze teure Zeug kaufen? Obwohl so eine Lösung auch Vorteile hätte, zum Beispiel müssten dann Fotos mit Protz-Chronographen nicht mehr nachträglich retuschiert werden.

Es ist einfach nicht gerecht, in dieser Form eine Neiddebatte zu reanimieren. Leistung muss sich schließlich lohnen, nicht wahr? Wenn ein Manager nur das 20fache eines Schraubers am Band erhalten soll, kann er ja gleich was anderes werden. Politiker zum Beispiel. Und die Arbeit ist ja nun wirklich hart. Stund ein, Stund aus denkt der Manager nur an das Wohl der Firma, der Kunden und der Mitarbeiter. Die unverzichtbare Arbeit als Motor, Ideengeber, Innovator und Rückgrat der deutschen Wirtschaft muss doch richtig gut bezahlt werden, schreit geradezu nach einem Mindestlohn – auf hohem Niveau, versteht sich. Deshalb ist es absolut zielführend, dass Aufsichtsräte in der Regel die Vorstandsbezüge entscheiden. Die waren zuvor zumeist Vorstandsmitglieder und wissen um die hohe Verantwortung und die Verdienste um Unternehmen und Volkswirtschaft. Das ist doch eine ganz andere Lebenserfahrung als Entscheidungsgrundlage, als sie Politiker oder Kirchenfürsten besitzen.

Gut: einige Repliken auf die so schändlich unangemessenen Angriffe hätten geschmeidiger ausfallen können. Telekom-Chef Obermann ließ wissen, er habe eine 90-Stunden-Woche. Mal abgesehen davon, dass er sich mal in seiner Personalabteilung informieren sollte, wie Mitarbeiter bewertet werden, die die ihnen obliegenden Aufgaben nicht in angemessener Zeit abzuarbeiten vermögen: Seit wann werden Manager nach Quantität und nicht Qualität bezahlt? Aber das ist ein anderes Thema.

Ach, man darf sich schon freuen, wenn Angela Merkel ihr Grußwort bei der nächsten Tagung des BDI, Gesamtmetall oder der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände unter dieses drängende Thema stellt. Und die normalverdienenden Bürger können sich entspannt zurücklehnen und auf Weihnachten freuen: Wenn die Politik derzeit keine anderen Probleme hat, sieht es mit dem weiteren Aufschwung ja bestimmt ganz gut aus. Und spätestens dann wird dem letzten klar: Bei 90 Stunden Arbeit die Woche muss die Vergütung einfach höher liegen – sonst rutscht der Stundensatz womöglich noch unter den Mindestlohn.

Stefan Preuß

Die GoingPublic Kolumne ist ein Service des GoingPublic Magazins, Deutschlands großem Kapitalmarktmagazin. Bezogen werden kann das Magazin unter www.goingpublic.de. GoingPublic ist allein für die Inhalte der Kolumne verantwortlich. Informationen zu einzelnen Unternehmen stellen keine Aufforderung zum Kauf bzw. Verkauf von Aktien dar. Die Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

Autor/Autorin