Der Schreibblock und Kugelschreiber mit Firmenlogo lockt heute als HV-Präsent weder IR-Strategen noch Aktionäre hinter dem Ofen hervor. Produkte des eigenen Hauses eignen sich zur Verteilung eher bei Brauereien, Sektkellereien, Pralinen- und Textilherstellern als z.B. bei Vertretern der Rüstungs-, Schiffbau- oder Automobilindustrie. Speziell die Verteilung alkoholhaltiger Komponenten kann Nebenwirkungen bei HV-Besuchern auslösen, die überwiegend unerwünscht sind. Bei der Auswahl der nicht-verzehrbaren Mitbringsel kann das Unternehmen daher sein Feingefühl beweisen.

Werden z.B. die entwerteten Aktienurkunden aus dem letzten Urkundentausch verteilt, so schlägt des Sammlers Herz höher. Vermögensgeschädigte Anleger werden dazu angespornt, das Papier dorthin zu hängen, wo es ihrer Geringschätzung nach am ehesten hingehört – was in gewissen Fällen nicht jedem goutieren dürfte, der auf Imagepflege aus ist. Praktische Dinge wie Telefonkarten, Kaffeebecher oder T-Shirts mit Logo bestechen durch ihren Nutzwert und sind eher assoziationsfrei. Man kann den Nutzwert auch auf die Spitze treiben (Pongs & Zahn: Taschenlampe mit integrierter Werkzeugbox) und dadurch bei sensiblen Gemütern in Zeiten der Börsenbaisse traurige Gedanken provozieren: „Was will mir mein Vorstand durch dieses Geschenk mitteilen? Daß bei mir eine Schraube locker ist, weil ich seine Aktien gekauft habe, und er mir außerdem heimleuchten mag?“

Bei Gutscheinen für Schwimmbadbesuche, Schiffs- oder Bergbahnfahrten haben HV-Teilnehmer mit entspanntem Terminkalender einen deutlichen Vorteil. Ansonsten sind Gutscheine einfach zu handhaben, aber etwas seelenlos. Auch Handtücher (Abakus VC, Helkon Media) können von den Teilhabern als Handreichung zum Abtupfen von Angstschweiß fehlinterpretiert werden. Mit der Verteilung von Videokassetten (Kinowelt) einiger unterschiedlicher Filme kann die Verwaltung für gruppendynamische Effekte sorgen, indem sich am Ausgang des Versammlungslokals spontane Tauschbörsen bilden.

Manche Geschenke regen auch zu der Vermutung an, daß deren Beschaffung auf Rechnung der Gesellschaft im Vordergrund steht. So verteilte die PONAXIS AG (3,7 Mio. Euro Börsenwert) Golfbälle Marke „Top Flite XL“ mit Firmenlogo im Dreierpack. Es ist nicht überliefert, wie hoch der Anteil des unverteilten Restbestands an der Ursprungsmenge ist und wer sich nun um den sachgerechten Einsatz dieses Restbestands kümmert.

Die Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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