Die neuen Regeln der US-Börsenaufsicht SEC sind klar: Neben der strikten Trennung von Analyse- und Investmentabteilungen ist es nun den Analysten untersagt, an Pitchings (Werbung um Investmentmandate) um Investmentmandaten teilzunehmen. Das gilt auch für Roadshows im Zusammenhang mit dem Börsengang von Unternehmen. Genau da lag das Problem – zumindest für die Investmentbank Bear Stearns. Schon während die SEC sich bemühte, die Exzesse der Tech-Bubble zu bereinigen, die auch vor der IPO-Industrie nicht Halt gemacht hatten, gehörte Bear Stearns zu jenen Banken, gegen die ermittelt wurde. Als sich die zehn Investmentbanken und die SEC vor wenigen Wochen auf einen Vergleich – oder sollte man sagen: Ablaßhandel? – und die Zahlung von insgesamt 1,4 Mrd. US-$ einigten, entfielen auf Bear Stearns davon rund 80 Mio. US-$.

Trotz allem Wohlwollen, die Umsetzung der neuen SEC-Regeln und damit das Aufbrechen alter Strukturen scheint schwieriger als vermutet. Gerade hatte sich Bear Stearns aufgemacht, die Flaute im amerikanischen IPO-Business zu beenden und mit dem Kreditkartenspezialisten iPayment mutig das erste Unternehmen seit rund zwei Monaten an die Börse zu bringen, da passierte der Fauxpas. Kurz vor dem eigentlichen IPO-Termin wurde publik, daß ein Bear Stearns Research-Analyst an der IPO Road Show für institutionelle Investoren teilgenommen hatte. Ein Verstoß gegen die neuen Regeln, die den sofortigen Stop des IPO-Prozesses zur Folge hatte. Der Analyst wurde postwendend von allen Research-Aufgaben zu iPayment befreit, und alle Aussagen, die er bezüglich des Unternehmens gemacht hatte, wurden von oberster Stelle widerrufen. Vor der SEC beteuerte Bear Stearns, daß so etwas nicht beabsichtigt war und alles dafür getan werde, um dies künftig zu vermeiden.

Der Börsengang wurde im zweiten Anlauf durchgeführt und mit einigem Erfolg abgeschlossen. Für Bear Stearns ist die Sache damit glimpflich ausgegangen. Trotzdem aber zeigt sie eines ganz deutlich. Die Kapitalmarktregulierung der USA arbeitet zwar fieberhaft an der Behebung all der Schäden und Mängel, die die Hausse der 90er Jahre verursacht hat, aber die Umsetzung ist noch eine ganz andere Herausforderung. Die Umsetzung einer unabhängigen Werbung um Investmentmandate bzw. um institutionelle Käufer während eines IPOs ist ein Problem davon. Genauso aber könnte sich die tatsächliche Trennung der Arbeit von Analysten und Investmentbankern in der Praxis als kaum realisierbar erweisen. Eigentlich sollte während eines Treffens von Vertretern der beiden Abteilungen immer eine Aufsichtsperson zugegen sein, die einer möglichen Einflußnahme entgegensteht. Bei genauerem Hinsehen, wird aber auch schnell deutlich, daß zwar hehre Ziele verfolgt, die Analyse der Praktikabilität dieser Regelung aber außen vor gelassen wurde. Bis sich hier die ersten Verstöße und Skandale ereignen, dürfte nur eine Frage der Zeit sein.

Festzuhalten bleibt daher nur Folgendes: Die Absichten der amerikanischen Börsenaufsicht waren die besten. Ob die Umsetzung ihrer Regeln allerdings genauso gut aussehen wird, bleibt abzuwarten. Das Resultat wird dabei hauptsächlich vom Wohlwollen der beteiligten Finanzinstitute abhängen. Darauf aber blind zu vertrauen, wäre doch ein ganzes Stück zu naiv.

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