Gleich vier Unternehmen aus der Biotechnologie trauten sich im Monat März auf das US-Parkett, von insgesamt 14. Während der IPO-Flaute des Jahres 2002/2003 hielten sich speziell Biotechs vornehm zurück, nicht zu unrecht – schwarze Zahlen waren da gefragt und nicht die Aussicht auf potentielle Blockbuster mit verschwindend geringer Eintrittswahrscheinlichkeit. Die Zeiten haben sich nun geändert, aber auch nur auf den ersten Blick. Mit Anadys, Santarus, Tercica und Dauer-IPO-Kandidat Xcyte gelang allen vieren der Sprung, mehr oder minder. Dabei wurde das ursprüngliche Emissionsvolumen aber schmerzlich zusammengekürzt. Beispiel Xcyte: Statt avisierter 56 Mio. US-$ kamen nur 33,6 Mio. US-$ herein, trotzdem gab der Kurs gleich am ersten Handelstag um 15 % nach. Bei derartigen Abstrichen bei der Mittelaufnahme fragen sich Anleger, wie lange es dann wohl bis zum nächsten Nach-Finanzierungsbedarf dauert.

Mit den China-IPOs hatten wir uns zuletzt bereits befaßt. Der bislang schwerste US-Börsengang in Bezug auf das Emissionsvolumen in diesem Jahr verlief leidlich erfolgreich. Zweimal hoben die Konsortialbanken die Bookbuilding-Spanne von Semiconductor Manufactoring International (SMI) an, schließlich schafften sie es, doppelt so viel Geld einzusammeln wie ursprünglich beabsichtigt. Der Kurs ging gleich am ersten Handelstag in die Knie und sah seitdem kein einziges Mal mehr den Emissionspreis. Aus diesem doch mittelschweren Debakel für sämtliche drei chinesischen IPOs des Monats März wird man lernen müssen. Anleger an erster Stelle. Unter den Börsenneulingen aus Fernost ist schließlich kein einziger, der nicht zum großen Teil weiterhin im Staatsbesitz bleibt, was bekanntlich nicht immer die beste Voraussetzung für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg darstellt. Mangelnde Transparenz ist auch ein Thema. Vereinzelt hört man deshalb auch Mißstimmung, so etwa bei China Life, dem höchstdotierten US-Börsengang des letzten Jahres (Emissionsvolumen 3,4 Mrd. US-$). Die Aufsichtsbehörde SEC ermittelt wegen Unregelmäßigkeiten beim Börsengang. Über 650 Mio. US-$ sollen nicht richtig ausgewiesen worden sein – fragt sich nur noch, ob absichtlich oder nicht.

Im März fiel auf, daß außer SMI, TOM Online und Capital Lease Funding kein IPO überhaupt mehr als 85 Mio. US-$ an Emissionsvolumen auf die Waage brachte. Rechnet man die 1,7 Mrd. US-$ von SMI heraus, so bleiben nur noch Kleinst-IPOs übrig. Ähnliches gilt für das gesamte erste Quartal: Drei große Börsengänge brachten etwa 4 Mrd. US-$ Emissionsvolumen zusammen. Läßt man diese drei nun beiseite, so halbiert sich das durchschnittliche Volumen mal eben auf gerade noch etwas über 100 Mio. US-$. Der sogenannte Median, also das mittlere Element, wenn man die umgehenden 36 IPOs „streicht“, liegt deutlich unter 100 Mio. Ein Blick auf die Performance nach Börsenstart sagt schon alles: 12 % Zeichnungsgewinn (auf Basis der Schlußkurse des ersten Handelstages) sind nicht viel und entschädigen im Falle z.B. der „Biotech-Wetten“ nur unzureichend für die Inkaufnahme eines nicht zu vernachlässigenden Risikos – jetzt sogar bei ehemaligen Selbstläufern wie China-IPOs. Die Erkenntnis ist also nicht überraschend, daß Wohl und Wehe doch und vor allem mit dem makroökonomischen Marktumfeld zusammenhängt. So gesehen kann man anhand der Anzahl, des Emissionsvolumens und der Aftermarket-Performance sehr schön erkennen, daß der Monat Februar das bisherige Top an den Aktienmärkten gesehen haben muß. Vergleiche zum Vorjahreszeitraum verbieten sich übrigens, da in den ersten zwei Quartalen 2003 nur ganze sechs Unternehmen den Weg an die Börse gefunden hatten.

Das Klima ist wieder ein gutes Stück unfreundlicher geworden in den letzten Wochen, und dies schlägt sich sofort auch am Markt für Neuemissionen nieder. Wenn, wie im März und jetzt auch in den darauf folgenden Wochen, vermehrt negative Zeichnungsrenditen auftreten, ist es nicht mehr weit, bis das viel beschworene IPO-Fenster sich zu schließen beginnt. Im März hatten erstmals in diesem Jahr mehrere Unternehmen ihre Börsenpläne wieder zurückgestellt, und dieser Trend setzte zuletzt fort. Unsere Prognose wäre ein verhalteneres zweites Quartal 2004, wobei sich die Old Economy, z.B. mit Finanzdienstleistern, Energieunternehmen etc., wieder in den Vordergrund spielen dürfte.

 

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

 

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