Klar, dass sich die negative Meinungsmache angesichts seit Monaten seitwärts dümpelnder Börsen und fehlender Investmentthemen (wenn man vielleicht mal vom aktuellen Bioethanol-Schwips absehen mag) aufs Anlegergemüt schlägt. Die „Finanzwoche“ bescheinigt dem DAX die besten Kaufsignale seit Jahren, genauer gesagt seit sage und schreibe einem Jahrzehnt: Die Stimmung der deutschen Börsenbriefe fiel in einer 20-Wochen-Glättung in den letzten Tagen praktisch auf einen Nullpunkt. In den USA sieht die Stimmung gemessen am Put/Call-Ratio ähnlich trist aus – prompt hievten sich Dow Jones und S&P auf Mehrmonatshöchststände. Aktienmärkte klettern bekanntlich an einer „Wall of Worry“ nach oben.

Offenbar aber schätzen auch Unternehmensinsider, sprich Vorstände und Aufsichtsratmitglieder, die wirtschaftliche Lage ihrer Firmen nicht ganz so schlecht ein wie in den Medien derzeit weisgemacht zu werden scheint. Das Verhältnis von Insiderkäufen zu -verkäufen ist ein recht zuverlässiger Indikator, weil wohl kaum jemand besser als ein Insider wissen kann, wie es wirklich um das Unternehmen bestellt ist: Put your money where your mouth is. Studien ergaben, dass sich Anleger, die sich an publizierte Insidertransaktionen dranhängen, auf Sicht von mehreren Monaten tatsächlich eine Überrendite zustande brachten – allerdings in den USA, wo Insiderkäufe/-verkäufe bereits nach spätestens zwei Tagen gemeldet und zugekaufte Papiere von Insidern auch mindestens ein halbes Jahr lang gehalten werden müssen. In Europa wird beides wesentlich lascher gehandhabt, schade eigentlich. Wie auch immer, auch für Deutschland zeigt das Verhältnis von Insiderkäufen zu -verkäufen ein bemerkenswert positives Ergebnis und passt so gar nicht zu der öffentlichen Ansicht eines kurzlebigen Wirtschaftsaufschwungs. Fairerweise muss gesagt werden, dass auch Insider schief liegen können oder einen langem Atem brauchen: Michael Dell kauft schon seit geraumer Zeit Aktien seines Unternehmens, dummerweise befinden die sich aber auf dem tiefsten Stand seit 1998. Auch Insider sind Investoren, die irren können.

Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird, und in den letzten Monaten wurde gleich deutlich zu heiß gekocht. Mit Unwägbarkeiten haben nicht nur Volkswirtschaften, sondern auch Investoren in den letzten Jahren zu leben gelernt. Mit Blick auf Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft hätte sonst niemand beispielsweise im Krisenjahr 2003 investiert. Möglich, dass das gegenwärtig starke Weltwirtschaftswachstum sich tatsächlich abschwächt, irgendeine externe Krise das Finanzsystem ins Wanken bringt oder auch ein terroristischer Anschlag einer Volkswirtschaft einen Wirkungstreffer zusetzt. Alles Unwägbarkeiten, richtig. Aber die gibt’s schon so lange es die Menschheit gibt (und davor). Und an der Börse werden Unwägbarkeiten (in Form von Risikoübernahmen) gehandelt, warum sonst schwanken Kurse, wenn nicht aufgrund unterschiedlicher Einschätzungen? Untergangstheoretikern gehört bekanntlich nicht die Welt, auch wenn diese alle Jubeljahre wieder doch mal mit einer „Erfolgsmeldung“ zu ihrem Recht kommen. Wie drückte es ein Fondsmanager so trefflich aus: „Wir verhalten uns weiterhin opportunistisch-taktisch. Man kann schließlich nicht sämtlichen Eventualitäten vorbeugen. Erst recht, weil sich die meisten niemals manifestieren.“ Das dürfte wohl die vornehme Umschreibung sein für: Bis auf Widerruf weiter im Tagesgeschäft – was auch sonst?

Falko Bozicevic

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

Autor/Autorin