Abgesehen davon, dass den Kunden von Zeit zu Zeit mal eine neue Anlageidee präsentiert werden muss, spricht einiges für die Börsen im Nahen Osten. Da ist zunächst einmal die hohe Liquidität, denn durch die immensen Gewinne aus dem Ölgeschäft herrscht ja fast so etwas wie Anlagenotstand. Zwar haben sowohl Immobiliensektor als auch die Indizes schon beeindruckende Rallyes hingelegt, aber gerade die Börsen sind nach ersten Übertreibungen wieder auf ein erträgliches Niveau zurückgekommen. Was bleibt ist der immense Mittelzufluss und die Beobachtung, dass arabische Investoren, die früher lieber in Übersee Aktien kauften, nun auch gerne an den heimischen Märkten investieren.

Das liegt auch daran, dass mittlerweile angesehene Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen und fähigem Management verfügbar sind: Orascom, Emaar Properties of Dubai, Arab Bank aus Jordanien und natürlich die Unternehmen der Petrochemie müssen sich bei Profitabilität und Zukunftsaussichten nicht hinter den bekannten westlichen Blue Chips verstecken. Auch das bislang größte Hemmnis, die doch überschaubaren Kurszettel, wird nach und nach überwunden. Immer mehr ehedem staatliche Unternehmen werden nach und nach an der Börse eingeführt, und auch die Börsen selber wie der Dubai Financial Market gehen public.

Die Analystenschätzungen für die durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnisse an den jeweiligen Börsen weisen moderate, auf jeden Fall nicht übertriebene Bewertungen aus. Es gibt sogar wieder Werte mit einstelligem KGV. Angesichts der vielen Kräne in der gesamten Region sind eben sogar solche hier zu Lande als unsexy eingestuften Branchen wie Bau und Bauzulieferer interessant.

Ein weiterer Punkt lässt sich unter dem Schlagwort Akquisitionsfantasie zusammenfassen. Seit einiger Zeit ist zu beobachten, dass führende Unternehmen aus den Emerging Markets hinreichende Stärke und Kapitalkraft erreicht haben, um nicht nur im eigenen oder benachbarten Markt Übernahmen zu realisieren, sondern überall auf der Welt. Hier sind von den entsprechenden Schwergewichten, zum Beispiel im Finanzsektor oder der Erdöl verarbeitenden Industrie, entsprechende Aktivitäten zu erwarten.

Gerne wird bei Investments rund um die Golfstaaten auf das erhöhte geopolitische Risiko hingewiesen und ein Bewertungsabschlag gefordert. Das ist bei Einzelengagements gewiss gegeben, wie man während der letzten Libanon-Krise sehen konnte. Bei Risikoverteilung auf mehrere Staaten zum Beispiel über einen Fonds sind die Gefahren letztlich nicht höher als bei jedem anderen Aktieninvestment: Sollte die Situation am Golf, zum Beispiel im Iran, eskalieren, dürften die Kurse global rutschen.

Stefan Preuß

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