Marco Estermann
Marco Estermann-Head Issuer Relations, SIX Swiss Exchange

Der Schweizer Kapitalmarkt wird im europäischen Vergleich oftmals unterschätzt – dabei legte der Telekommunikationsanbieter Sunrise das soweit viertgrößte IPO in diesem Jahr weltweit ab. Welche Potentiale die Schweizer Börse zu bieten hat und worin die wesentlichen Unterschiede zu Deutschland liegen, erklärt uns Marco Estermann, Head Issuer Relations bei SIX Swiss Exchange.

GoingPublic: Herr Estermann, der europäische Kapitalmarkt erlebt derzeit bedingt durch den Aktieneinbruch in China eine Berg- und Talfahrt. Hat das auch Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen?

Ja, das hat ganz klare Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen. Zum einen betrifft es den Handel in den Aktien dieser Unternehmen sehr stark. In dem Fall haben die Unternehmen gelitten, die ein großes Exposure in China haben. Das sind in erster Linie solche Firmen, die dorthin exportieren und entsprechend von den volatilen Märkten der letzten Wochen beeinflusst wurden. Zum anderen hat das Ganze auch realwirtschaftliche Auswirkungen: Unternehmen, die nach China exportieren, leiden doppelt, da sie bereits wegen des starken Schweizer Frankens seit Anfang des Jahres zu kämpfen hatten und jetzt zusätzlich den abgeschwächten Yuan erdulden müssen. Vor allem Luxusfirmen, wie Swatch oder Richemont, spüren das.

Wie sehen Sie den Finanzplatz Schweiz insgesamt aufgestellt? Vielleicht auch im Vergleich zu unserem letzten Gespräch 2013.

Innerhalb der Schweiz hat sich die Lage hinsichtlich der Regulierungen etwas entschärft. Damals standen verschiedene Initiativen zur Debatte, die sehr „wirtschaftsfeindlich“ waren, wie z.B. die 1:12-Initiative oder die Erbschaftssteuer, die abgelehnt wurden und mittlerweile keine Rolle mehr spielen. Jedoch wird der Finanzplatz Schweiz von der Zuwanderungsinitiative und den Diskussionen zu den bilateralen Verträgen mit der EU beeinflusst. Seit dem letzten Gespräch ist außerdem neu, dass die Schweizer Nationalbank den Mindestkurs zum Euro aufgehoben hat, was besonders für exportorientierte Firmen zu einem höheren Margendruck geführt hat.