Ein weiterer offener Punkt ist die Compliance mit der europäischen Datenschutzrichtlinie GDPR. Diese beinhaltet unter anderem das Recht auf Datenlöschung, das von jedem EU-Bürger eingefordert werden kann, sofern dem keine rechtlich bindenden Vorratspflichten entgegenstehen. Eines der Designprinzipien einer Blockchain ist jedoch die Verkettung von Datenblöcken durch die Verwendung eines Hash-Wertes, der sich jeweils auf den Dateninhalt des voranstehenden Blocks bezieht. Wenn nun unter Wahrung der GDPR ein historischer Datensatz gelöscht werden soll, ändert dies komplett den Hash-Wert des betroffenen Datenblocks und damit auch die Hash-Werte aller darauffolgenden Blöcke. Hier werden unterschiedliche Lösungsansätze diskutiert, deren reale Anwendbarkeit aber noch einer Überprüfung durch Datenschutzbeauftragte und -behörden standhalten muss.

Wichtig neben all diesen technischen Aspekten ist auch, weiterhin daran zu arbeiten, die neuen Finanzierungskanäle, allen voran ICOs, aus dem Wildweststatus in einen Zustand zu bewegen, der es ermöglicht, dieses Instrument guten Gewissens als Anlageinstrument zu empfehlen. Die ansonsten so geheiligte Datentransparenz wird nämlich aktuell von einer Vielzahl an ICO-Initiatoren bei der Frage nach der Mittelverwendung, den handelnden Personen und den Governance-Prinzipien für eingesammelte Investorengelder deutlich weniger beherzigt, als von einer so auf Transparenz bedachten Jüngerschar zu erwarten wäre. Die Emission sogenannter „Security Token“, sprich Aktien, wird voraussichtlich dazu führen, dass Emittenten die gleichen Dokumentationserfordernisse erfüllen müssen wie die Emittenten von Aktien. Vermutlich wird damit der Unterschied zwischen ICOs und IPOs deutlich geringer werden. Die Folgen dürften eine Verringerung der ICO-Aktivitäten und steigendes Interesse der bestehenden Vermögensmärkte an einer Integration mit der Kryptowelt sein.

Fazit

Blockchain-Infrastrukturen sind aktuell der wahrscheinlichste Weg bei der Modernisierung bestehender Transaktionsnetze. An den Schnittstellen zwischen verteilter Datenhaltung, Datenschutz und Insiderinformation bestehen noch Unklarheiten, die technisch wie organisatorisch gelöst werden müssen, um den hohen Erwartungen an diese Technologie gerecht zu werden. Die langfristige Perspektive zeigt dennoch einen starken Trend hin zur verteilten Datenhaltung und neuartigen Transaktionsnetzen im Stile der Blockchain-Infrastrukturen.

Autorenvita

Axel Apfelbacher ist Digital Banking Stratege und beschäftigt sich seit 2011 mit der Entwicklung von FinTech-Modellen und der zugrundeliegenden Technologie. Apfelbacher ist Vorstand der niio finance group  AG.

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